Knariks Stuhl bleibt leer

GEW kritisiert drei Abschiebungen in zwei Wochen an unterfränkischer Schule

Da kommt man als Lehrkraft in die Klasse, in der man seit sechs Monaten lehrt, vereint lernt, gemeinsam Hindernisse überwindet, um Erfolge ringt. Und dann am Donnerstag Morgen das: Der Stuhl der Schülerin Knarik ist leer. Und er bleibt leer. Knarik ist nach Armenien abgeschoben worden. Morgens um sechs kommen die Beamten unangekündigt in die Unterkunft, nehmen die Tochter und die Mutter mit. Die Tochter wird nach Armenien abgeschoben, die Mutter nach Georgien. Das Mädchen stand noch dazu kurz vor einer Operation. Die Klasse ist fassungslos, die Lehrkraft wütend, der Schulleiter hilflos: keiner wusste davon.

Knarik ist die dritte Asylsuchende, die innerhalb zweier Wochen von der Schulbank an der Fachoberschule Marktheidenfeld weg in ein fernes Land verschoben wurde, bei Nacht und Nebel, wie Diebesgut. Zudem wurde der Schutz der Familie durch diese Abschiebung grob missachtet (Art. 6 GG). „Die Würde des Menschen ist unantastbar (Art.1 GG),“ sagt der Geschäftsführer der GEW Unterfranken, Jörg Nellen. „Die Grundsätze des unverletzlichen und unveräußerlichen Verfassungskerns bringen wir allen Schülerinnen und Schülern als erstes bei.“ Das Grundgesetz ist höherrangig als jedes Aufenthaltsgesetz. Das Aufenthaltsgesetz von 2017 schafft ausdrücklich einen Ermessensspielraum, wenn „wenn dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern“ (§ 60a Abs. 2 S. 3 AufenthG). Alle Bundesländer sehen das so, nur Bayern schiebt ab.

„Was ist dringender und persönlicher als Ausbildung, als Qualifikation, als Anstrengungsbereitschaft?“ fragt Nellen. „Ausbilden statt Abschieben ist unser Auftrag, alles andere ist unanständig“. Die Bildungsgewerkschaft GEW hat in einer Unterschriftenaktion sich deutlich gegen pauschale Abschiebungen aus Schulen ausgesprochen: „Wir Lehrkräfte sind keine Abschiebehelfer!“ (https://www.gew-bayern.de/aktuelles/detailseite/neuigkeiten/praesentation-unterschriftensammlung-lehrkraefte-sind-keine-abschiebehelferinnen/ ; siehe unter meiner Unterschrift). 1500 Unterschriften unterstützten den Aufruf 2018 innerhalb weniger Wochen.

Knariks Stuhl bleibt leer. „Wir werden dafür streiten, dass nicht noch mehr qualifizierte, motivierte, integrierte Menschen aus ihrem Leben mit Zukunft gerissen werden“, so Nellen. Die GEW fordert Kultusminister Prof. Dr. Michael Piazzolo auf, den ihm anvertrauten Schülerinnen und Schüler – und ihren Lehrkräften – den verfassungsgemäßen Schutz angedeihen zu lassen.

GEW zu Positionen der AfD und ihren Einschüchterungsversuchen gegen Lehrkräfte

Anlässlich verschiedener Wahlkampf-Auftritte in der Region nimmt die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) Aschaffenburg-Miltenberg zur „Alternative für Deutschland“ (AfD) und ihrer Bildungspolitik wie folgt Stellung: Nach Auffassung der GEW sind die Positionen der AfD mit den Interessen, Werten und Zielen der Bildungsgewerkschaft unvereinbar. Die AfD stellt sich z. B. grundsätzlich gegen die Ausweitung von Ganztagesangeboten und die Umsetzung der völkerrechtlich bindend zugesagten Inklusion. Sie lehnt eine weiterreichende Integration behinderter Kinder an Regelschulen kategorisch ab. Diese „ideologisch motivierte Inklusion um jeden Preis“ verursache „erhebliche Kosten“ und behindere Schüler in „ihrem Lernerfolg“. Stattdessen will die AfD die Förder- und Sonderschulen erhalten – die Forderung, behinderten Kindern die Teilhabe am Bildungssystem zu garantieren, sei „bereits umfassend und erfolgreich erfüllt“, heißt es im Programm.
Eine weitere AfD-Forderung lautet, „alle vollständig ausgebildeten Lehrer“ im regulären Schulbetrieb einzusetzen, „statt in Vorbereitungsklassen für Migranten“. Dies verstößt nach Ansicht der GEW gegen das Grundgesetz. Schließlich darf danach niemand wegen seiner Herkunft oder Sprache bevorzugt oder benachteiligt werden.
Am kommenden Donnerstag, 4.10.2018, soll nun unter anderem Dr. Götz Frömming (MdB) Berlin, in der Aschaffenburger Stadthalle auf einer Wahlkampfveranstaltung der AfD zum Thema „Anschlag auf die Bildung!“ reden. Der Berliner Geschichtslehrer Frömming gibt sich zwar gebildeter, kultivierter als die Höckes und Poggenburgs, hat aber für jede Entgleisung seiner Parteikolleg*innen eine Entschuldigung. Wenn eine Beatrix von Storch nicht ausschließt, dass man an der Grenze auch auf Kinder und Frauen schießen solle, sei sie „falsch verstanden“ worden.
Wenn ein Björn Höcke in Goebbels-Manier vom 1000-jährigen deutschen Reich schwadroniert, habe er „sich halt in Rage geredet“.
„Angesichts der offensichtlich demokratiefeindlichen Positionen und Aktionen der AfD stellt sich die Frage, wer hier tatsächlich einen Anschlag auf die öffentliche Bildung beabsichtigt“, kontert Monika Hartl, Vorsitzende des hiesigen GEW-Kreisverbandes.
Die Debatte um das bestehende Kooperationsverbot nannte Frömming in der Haushaltsdebatte am 25. September d.J. eine „Phantomdebatte“.
GEW-Vorsitzende Marlis Tepe hingegen hatte erst letzte Woche bei einem Besuch von Bildungseinrichtungen in München und Nürnberg einen Schulterschluss für gute Bildung, einen Solidarpakt zwischen Bund, Ländern und Kommunen als zentralen Lösungsansatz zur Verbesserung der personellen und technischen Ausstattung an vielen Kitas und Schulen in Bayern hervorgehoben.
An einigen Passagen des AfD-Wahlprogramms hat Frömming selbst mitgeschrieben. Unter anderem an einer, die im Höcke-Jargon eine „Verengung, der deutschen Erinnerungskultur auf die Zeit des Nationalsozialismus“ feststellt. Diese müsse zugunsten einer Geschichtsbetrachtung aufgebrochen werden, die auch „positiv identitätsstiftende Aspekte“ umfasse. Frömmig findet, dass im Geschichtsunterricht ein zu großer Fokus auf der NS-Zeit liege. Die GEW ist dagegen der Auffassung, dass eine umfängliche Behandlung der Geschichte des Nationalsozialismus und des Holocaust angesichts sechs Millionen ermordeter Juden und einem Krieg, der große Teile der Welt überzog, mehr als gerechtfertigt ist. Alles andere wäre Geschichtsfälschung. „Das müsste einem Geschichtslehrer allerdings bewusst sein“, sagt GEW-Kreisvorsitzende Monika Hartl.
Warum sich die GEW gerade vor den bayerischen Landtagswahlen auf die AfD fokussiert, begründet sie u. a. mit der Notwendigkeit, über die autoritäre, demokratie-, behinderten- sowie fremdenfeindliche Einstellung der Partei zu Bildung und Unterricht zu informieren.
Insbesondere kritisiert die GEW, dass die Partei mittlerweile gegen ihr unliebsame Lehrkräfte mit Dienstaufsichtsbeschwerden vorgeht. Sollte die AfD in den bayerischen Landtag einziehen, rechnet die Gewerkschaft mit weiteren öffentlichen Angriffen auf Lehrerkollegien. In anderen Bundesländern hat sie das schon mehrfach getan. Die Einrichtung von Online-Plattformen, um angebliches Fehlverhalten von Lehrkräften zu denunzieren, dient der Partei u. a. dazu, Lehrerinnen und Lehrer einzuschüchtern, die eine kritische Auseinandersetzung im Unterricht mit den politischen Parteien, auch mit der AfD, für wichtig erachten. Eine Partei, die faschistoide Tendenzen in ihren Reihen dulde, sich vom extrem rechten „Institut für Staatspolitik“ eines Herren Kubitschek politisch beraten lasse, so die klare Aussage der GEW, kann in keiner Hinsicht eine Alternative für Deutschland, auch nicht für Bayern sein.

In jeder Schule fehlt eine Lehrkraft

GEW Unterfranken widerspricht Regierung von Unterfanken zum Schulanfang: Unterrichtsversorgung bedroht

Die Bildungsgewerkschaft GEW sieht im Gegensatz zur Regierung von Unterfranken zum Schulanfang keine Erleichterung in der Lehrkräfteversorgung. „Der Druck auf Kolleginnen und Kollegen, Kinder und Jugendliche und Eltern bleibt bestehen, da keinen einzige Lehrkraft zusätzlich eingestellt wurde“, sagt der GEW-Bezirksverbandsvorsitzende Martin Heilig zum Schulanfang. „In jeder unterfränkischen Schule fehlt statistisch eine Lehrkraft.“ Das führe zu Belastungen der Kolleginnen und Kollegen, der Schülerinnen und Schüler und der Eltern.

Grund- und Mittelschulen

Lehrkräfte an Grund- und Mittelschulen müssen mit 28 Unterrichtsstunden (29 für Fach- und Förderlehrkräfte) in der Woche ein Drittel mehr arbeiten als ihre Kolleginnen und Kollegen in den weiterführenden Schulen und bekommen bis zu 500 € weniger. „Kleine Kinder, großes Gehalt: das gleiche Einstiegsgehalt für alle Lehrkräfte!“ fordert Heilig. ((https://www.gew-bayern.de/aktuelles/detailseite/neuigkeiten/gew-bayern-macht-fuer-ja13-mobil-1/))

Der Personalmangel führt zu massiven Problemen in Unterfranken: pädagogisch geteilte Klassen werden zusammengelegt, Förderlehrkräfte, die nocheinmal weniger verdienen als Mittelschullehrkräfte, übernehmen Unterrichtsverantwortung statt individuell zu fördern, Kolleginnen und Kollegen trauen sich nicht, krank zu sein, um die Kinder nicht durch Stundenausfall zu belasten, verschleppen und fallen schließlich länger oder ganz aus, die Mobile Reserve, die bei Krankheit oder Fortbildungen eigentlich einspringen soll, ist schon am Schuljahresanfang so fest verplant, dass sie ihre Springeraufgaben nicht mehr erfüllen können, Kolleginnen werden gebeten, im Krankenstand doch bitte Stunden vorzubereiten oder zu korrigieren.

Auch die Zweitqualifikation von schulartfremden Lehrkräften belastet alle Betroffenen: Die jungen Realschul- und Gymnasiallehrkräfte in Grund- und Mittelschulen müssten neben dem anstrengenden Unterricht sich weiterbilden, die Stammlehrkräfte sehen sich in der Pflicht, ihre unerfahrenen Kolleginnen und Kollegen zu unterstützen, die Schülerinnen und Schüler haben keine Kontinuität: „Sie können einem eigentlich sehr guten Fahrzeug, das aber überladen ist, nicht noch mehr aufbürden, ohne dass es zusammenbricht,“ so Heilig.

„Schließlich gingen Eltern auf die Barrikaden, weil überlastete Lehrkräfte deren Erwartungen nicht entsprachen,“ weiß Heilig. Doch die Vorgesetzten unterstützen den Elternprotest, melden Stundenausfälle nicht und erhöhten den Druck auf ihre Kolleginnen und Kollegen. Die Betroffenen fühlen sich hilflos. Das läge auch daran, dass Personalräte der Lehrervereine oft Schulleiter sind. „So bleibt nur die Rechtsberatung der GEW-Personalräte, um wirksame Hilfe zu leisten.“

Die GEW erwartet im Gegensatz zur Regierung von Unterfranken auch im Jahr 2018/2019 wieder massive Unterrichtsausfälle, verunsicherte Lehrkräfte, die sich nicht trauen, krank zu sein oder auf Fortbildung zu gehen, und Schülerinnen und Schüler, die ihre Ziele nicht erreichen: jeder Zehnte verlässt die Schule ohne Abschluss, nur ein Drittel erreicht den der Realschule gleichwertigen Mittleren Schulabschluss an der Mittelschule. „Wir brauchen wieder mehr Zukunft in den Grund- und Mittelschulen“, so Heilig.

Gymnasium und Realschulen

Es finden sich heuer gut ausgebildete 2300 Gymnasial- und 1800 Realschullehrkräfte auf der Straße wieder: die haben zwar die Hoffnung, wenigstens befristet angestellt zu werden oder mit einer Zusatzqualifikation in Grund- und Mittelschulen Arbeit zu finden. „Doch was für eine Ressourcenverschwendung“, sorgt sich Martin Heilig. „Wir brauchen ein gemeinsames Grundstudium für alle Lehrämter, damit endlich Flexibilität zwischen den Schularten und Professionalität zusammen gehen.“ Die Rückkehr zum neunjährigen Gymnasium wird allgemein begrüßt. „Aber die Personalausstattung mit Klassenleitungsstunden und Sozialpädagoginnen und –pädagogen muss endlich umgesetzt werden,“ fordert Heilig.

Berufliche Schulen

Die hohe Qualität der dualen Ausbildung sieht die Bildungsgewerkschaft auch in Unterfranken bedroht. „Im Kampf um die Köpfe entscheiden die Arbeitsbedingungen und das Einkommen,“ weiß Heilig. Schon jetzt müssten Kurse zusammengelegt werden, Unterricht entfalle und Auszubildende erreichten ihre Ziele nicht: ein Viertel breche die Ausbildung ab.

Förderschulen

Die Schulart, die mit hoher Professionalität und Kollegialität die Schwächsten in der Gesellschaft auf eben diese vorbereitet, stehe ebenfalls unter Druck. „Wir brauchen schon wegen EU-Behindertenrechtskonvention mehr Sonderpädgogik in den Regelschulen,“ weiß der GEW-Bezirksvorsitzende. „Aber dieser Mobile Sonderpädagogische Dienst dürfe dann nicht an den Förderschulen fehlen, große Klassen verursachen und Lehrkräfte, Schülerinnen und Schüler und Eltern belasten.“ ((https://www.behindertenrechtskonvention.info/inklusion-3693/))

Folgen

„Lehrkräfte in Unterfranken arbeiten am Limit“, fasst Heilig zusammen. Der bayerische Staat muss seine Hausaufgaben machen:

– gleiche Bezahlung der Lehrkräfte an allen Schularten

– vorausschauende Personalplanung

– gemeinsames Grund-Studium aller Lehrämter zur Ausbildung von Stufenlehrkräften

– Ende des Befristungsunwesens und der Kettenverträge

– längeres gemeinsames Lernen aller Schülerinnen und Schüler mit den entsprechenden Ressourcen ausstatten

Die GEW Unterfranken bietet betroffenen Kolleginnen und Kollegen Rechtschutz, Fortbildungen und Beratung bei beruflichen Problemen für alle Lehrkräfte und Beschäftigte in Bildungsberufen: www.gew-unterfranken.de

Quellen

Das Staatsministerium sucht händeringend nach Lehrkräften (Stichwort „Volleinstellung“), Seiten- oder Quereinsteiger ohne dreimonatige Mindesqualifikation „on the job“, Zusatzqualifikanten oder Reaktivierung von Pensionistinnen und Pensionisten sind nicht einmal eine mittelfristige Lösung. In Würzburg wurden im Juli 2018 schon 500 Kinder mehr geboren als zwei Jahre zuvor. Die erreichen 2014 die Grundschulen:

https://www.km.bayern.de/lehrer/meldung/6106/neueinstellungen-ueber-4200-lehrerinnen-und-lehrer-zum-kommenden-schuljahr.html

Die GEW kritisiert die kurzsichtige Einstellungspolitik:

Bayern: https://www.gew-bayern.de/aktuelles/detailseite/neuigkeiten/bildungsgewerkschaft-gew-zum-schulbeginn-in-bayern/

https://www.gew-bayern.de/aktuelles/detailseite/neuigkeiten/gew-bayern-weist-angriffe-gegen-paedagogisches-fachpersonal-zurueck/

Bund:

https://www.ardmediathek.de/tv/Morgenmagazin/Lehrermangel-Gewerkschafter-schlagen-Al/Das-Erste/Video?bcastId=435054&documentId=55268050

https://www.youtube.com/watch?v=u44OmLRu4Kk .

https://www.rtl.de/cms/arbeitslos-in-die-sommerferien-fuer-tausende-lehrer-immer-noch-realitaet-4189060.html

Inzwischen ist der Lehrkräftemangel auch in der Satire angekommen:
https://www.ardmediathek.de/tv/extra-3/Lehrermangel-in-Deutschland/NDR-Fernsehen/Video?bcastId=3709210&documentId=55137114

Digitalisierte Schule?

GEW fordert verantwortliche Gestaltung ein

Mit dem Masterplänen Bayern Digital I und II fließen 2017 bis 2022 über 8,5 Milliarden Euro anteilig auch an die etwa 491 öffentlichen Schulen in Unterfranken. Doch was geschieht mit dem Geld, das die bayerischen Schulen ans digitale Zeitalter anschließen soll? Dr. Matthias Burchardt von der Universität zu Köln mahnt auf Einladung der Bildungsgewerkschaft GEW in einem Vortrag am 14. April in der Kolping Akademie Würzburg zu verantwortungsvollem Umgang mit digitalen Medien.
„Wenn Lehren und Lernen in Beziehung, Bildung statt Kompetenz, Unterricht statt mechanischer Selbststeuerung stattfinden, dann richtet auch der gezielte Einsatz von Smartboards, Tablets und Cyberbrillen in Schulen keinen Schaden an,“ sagt der Medienforscher Burchardt. „Aber niemand, d.h. auch keine Lehrkraft, kann die Verantwortung für die Sicherheit der Daten von Schülerinnen und Schülern im Rahmen von Big Data-Analysen übernehmen.“ Hier berühre Digitalisierung die Fürsorgepflicht der Schule.
Big Data kann keine Wahrheit finden, sondern nur Wahrscheinlichkeiten. Die Welt ist seit Jahren Geisel von GAFAM (Google, Apple, Facebook, Amazon, Microsoft). Das Wissen um die Reichweite und die Implikationen der Digitalen Transformation müsse deshalb Thema in Schule, Hochschule und politischer Bildung sein, so Burchardt. „Wir brauchen Bildung am Gegenstand des Digitalen, aber keine Digitalisierung von Bildung!“
Die GEW fordert eine Pädagogik der Digitalisierung. „Wir brauchen erst Software fürs Gehirn,“ so der stellvertretende GEW-Bezirksvorsitzende Jörg Nellen. „Denn Schülerinnen und Schüler müssen wissen, was sie im digitalen Zeitalter tun.“
GEW Unterfranken lädt ein zu
Dr. Matthias Burchardt, Digitalisierung der Schule? Verantwortung gestalten!
Samstag, 14. April 2018, 11:30 bis 13 Uhr, Kolping-Akademie, Kolpingplatz 1, 97070 Würzburg, Anmeldung gewwue(at)aol.com. Eintritt frei.

Quellen:
https://www.gew.de/aktuelles/detailseite/neuigkeiten/gew-will-digitalisierung-kritisch-und-konstruktiv-mitgestalten/
https://www.stmwi.bayern.de/digitalisierung/bayern-digital-ii/

„(Aus-)Bildung statt Abschiebung!“

GEW und Mitarbeiter*innen des Bezirksjugendrings Unterfranken sammelten Unterschriften

Würzburg. Fast täglich neue Meldungen zu Terroranschlägen in Afghanistan mit vielen Toten und Verletzten – doch die Abschiebungen laufen weiter. Ungeachtet der sich immer weiter verschlechternden Lebensbedingungen im Kriegsland Afghanistan stellt Bayern den Hauptanteil der Mitmenschen, die nach Afghanistan abgeschoben werden. Die Bildungsgewerkschaft GEW Bayern hat eine Unterschriftensammlung dagegen initiiert, der sich jetzt der Bezirksjugendring Unterfranken um den stellvertretenden Geschäftsführer Lambert Zumbrägel angeschlossen haben. Martin Heilig, GEW-Bezirksvorsitzender, nahm die Unterschriftenliste entgegen, mit der (Aus-)Bildung statt Abschiebung gefordert wird.

Die Bundesregierung und Bayerns Innenminister Joachim Herrmann halten hartnäckig daran fest, es gebe sichere Gebiete in Afghanistan, in der die Abgeschobenen eine Lebensperspektive haben. Dabei weisen alle UN-Organisationen, die mit Afghanistan befasst sind, das Land als Kriegsgebiet aus. Der deutsche Botschafter und seine wenigen Mitarbeiter*innen, die nach dem Bombenanschlag auf die deutsche Botschaft im vergangenen Jahr in der US-Botschaft Asyl gefunden haben, sind nicht in der Lage, einen neuen Lagebericht zu erstellen.

Lambert Zumbrägel findet hierfür deutliche Worte: „Wir setzen uns mit unserer Arbeit, insbesondere als Projektregion Unterfranken im Aktionsprogramm Flüchtlinge werden Freunde, für die Integration von Geflüchteten in die bayerische Jugendarbeit und in unsere Gesellschaft ein. Mittlerweile müsste es doch hinlänglich bekannt sein, dass wir aus gesamtgesellschaftlicher und volkwirtschaftlicher Sicht auf gut ausgebildete Migrant*innen angewiesen sind. Es ist mir nicht begreiflich, wie man auf dem Rücken der vornehmlich jungen Generation aus politischem Kalkül Kapital schlagen kann.“

Viele Jugendverbände und -organisationen in Unterfranken, wie der Stadtjugendring Aschaffenburg, die THW-Jugend Lohr oder der Stadtjugendring Schweinfurt leisten wertvolle Arbeit. Sie ermöglichen es den jungen Geflüchteten, sich ein neues Leben aufzubauen. Und nun werden auch Integrationswillige aus Schule, Lehrstelle, Arbeitsplatz mit Gewalt herausgerissen und in ein Kriegsland geflogen, obwohl sie sich auf dem besten Wege befinden, sich hier bei uns ein neues Leben aufzubauen.

„Das verstehen wir, die bayerische Jugendarbeit nicht – und auch Schüler*innen machen gegen dieses unmenschliche Handeln mobil“, sagt Zumbrägel. Diese Zivilcourage verdiene unsere Hochachtung.

Die Absicht der Bayerischen Staatsregierung, die Zahl der Abschiebungen deutlich zu erhöhen, äußert sich auch darin, dass – wie das Beispiel eines jungen Berufsschülers aus Nürnberg Ende Mai 2017 zeigte – auch aus Schulen abgeschoben wird.

Abschiebungen aus Klassenzimmern oder gar Bildungsseminaren, an denen Kolleg*innen mit Fluchterfahrung mitwirken ist scharf zu verurteilen. „Pädagog*innen, Jugendleiter*innen, aber auch andere Geflüchtete werden durch ein solches Vorgehen massiv verunsichert,“ weiß der unterfränkische GEW-Chef Martin Heilig. „Die Angst vor Abschiebungen aus dem Klassenzimmer heraus oder von der Ausbildungsstätte verhindert das weitere Lernen für eine sehr große Zahl von Teilnehmer*innen.“

GEW und Bezirksjugendring fordern mit Nachdruck eine sichere Aufenthaltsperspektive für alle Jugendlichen und jungen Erwachsenen, nicht nur bis zum Abschluss ihres Bildungsweges bzw. ihrer Ausbildung, sondern selbstverständlich auch darüber hinaus.

„In unserer tagtäglichen Arbeit bilden wir Vertrauen, leisten wertvolle Integrationsarbeit und geben den jungen Geflüchteten Halt in einer fremden Umgebung,“ sagt Heilig. Das unterstützt Lambert Zumbrägel: „All dies darf nicht durch Abschiebungen konterkariert werden. Dies verhindert die Integrationsbemühungen der jungen Menschen und entfremdet Bildungseinrichtungen davon, ein sicherer Ort des Lebens und Lernens zu sein!“

Eine gelungene und nachhaltige Integration ist aus Sicht von GEW und BezJR nur dann möglich, wenn alle jungen Menschen eine Perspektive haben, diese in der Schule entwickeln können und sich mit ihren Fähigkeiten und Fertigkeiten in unsere Gesellschaft einbringen können. Daher verwehren sie sich gegen die aktuelle Abschiebepraxis aus Bildungseinrichtungen.

Aus diesem Grund unterstützen wir die Aktion der GEW und sagen deutlich:

Wir Mitarbeiter*innen des Bezirksjugendrings Unterfranken und seiner Jugendbildungsstätte wollen uns nicht als Abschiebehelfer*innen instrumentalisieren lassen!

Wir erheben unsere Stimme gegen diese Praxis!

Wir fordern: (Aus-)Bildung statt Abschiebung!

FOTO: Lambert Zumbrägel (rechts) übergibt an den GEW-Bezirksvorsitzenden Martin Heilig die Unterschriften des Bezirksjugendrings Unterfranken mit seiner Jugendbildungsstätte. Im Hintergrund sind stolz: Lore Koerber-Becker, GEW-Kreisvorsitzende, Stefan Lutz-Simon, Leiter der Jugendbildungsstätte, Zehranur Manzak und Mehdi Bhidi, beide JuBi, Wibke Lewring, BezJR.

Würzburger Bildungsgewerkschaft wird weiblicher

Lore Koerber-Becker führt GEW Würzburg

Stadträtin Lore Koerber-Becker (vorne) führt künftig den Kreisverband Würzburg der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft. Dabei wird sie unterstützt von der Personalrätin Gabriele Neumann (links) . „Die GEW ist an der Spitze weiblich,“ sagte sie nach der Wahl mit Anspielung an die Bundesvorsitzende Marlis Tepe, die 2016 die Maidemonstration in Würzburg angeführt hatte. Weitere Mitglieder im Vorstand sind der ehemalige Personalrat Helmut Stühler als Schatzmeister und der Mittelschul- und Gymnasiallehrer Jörg Nellen als Geschäftsführer. Es gratulierten der bayerische Landesvorsitzende Anton Salzbrunn (rechts) und der Bezirksvorsitzende Martin Heilig (links).

Die GEW hat Mitglieder in allen Schularten, in der Erwachsenenbildung, der Hochschule und in sozialpädagogischen Berufen. „Die Bedürfnisse unserer Mitglieder stehen für mich ganz oben: gutes Geld für gute Arbeit, sozialverträgliche Arbeitsbedingungen und Bildung.“ sagte Koerber-Becker programmatisch. Als Ziele, die vor Ort erreicht werden können, ist der Kampf gegen Befristung in Schule und Universität, gleiche Einstiegsgehälter für alle Schularten und regelmäßige Bildungsangebote wie die Reihe „Bildung anders“. Wir werden unseren Aktionsschwerpunkt auf diese Themen legen, versicherte Koerber-Becker.

„Und wie geht`s in der Schule?“

Vor der Schule in Hallstadt: Jonas Lanig, Bundesvorsitzender der Aktion Humane Schule (rechts im Bild), informierte beim 24. GEW-Forum Bildung anders Kolleg*innen aus allen drei fränkischen Regierungsbezirken. Links der Initiator der jährlichen Veranstaltung, Rudolf Brandenstein aus Unterfranken, VGEW-Hauptpersonalrätin Ruth Brenner, Vorstandsmitglied GEW-Mittelfranken und Mitglied im Hauptpersonalrat, Ernst Wilhelm, stellv. Vorsitzender der GEW Oberfranken.

GEW-Bildungsfachtagung schaut auf Schülerbefinden

„Gute Schulen erkennt man daran, dass sich Schülerinnen und Schüler darin wohlfühlen,“ sagt der unterfränkische Gründer der Fachtagung Bildung anders, Rudolf Brandenstein. Die Bildungsgewerkschaft GEW aller drei fränkischen Bezirke stellte das Befinden von Schülerinnen und Schülern in den Mittelpunkt der diesjährigen Tagung. „Die Forschung hat die Befindlichkeiten unserer Klientel sträflich vernachlässigt,“ bedauerte der GEW-Experte Jonas Lanig, Vorsitzender der Aktion Humane Schule. Im Zentrum der Bildungsforschung hätten bisher lediglich die Leistungen der Schülerinnen und Schüler gestanden. „Das führte zu äußerst fragwürdigen, unproduktiven Schul- und Länder-Rankings.“

Aus verschiedenen nationalen und internationalen Forschungen zur Zufriedenheit der Lernenden filterte Lanig im wesentlichen vier Faktoren heraus:

  • Auch wenn sich Schülerinnen und Schüler gut vorbereitet fühlen, empfindet jeder zweite
    von ihnen Angst vor Klassenarbeiten.
  • Schulstress ist nur für etwa jeden dritten Schüler kein Problem, nicht einmal jeder zweite
    bezeichnet die Beziehungen in der Schule als anerkennend.
  • die Identifikation mit der eigenen Schule ist hoch, das Bestehen der Abschlussprüfung ein
    wichtiges Ziel, aber das Interesse an den Unterrichtsinhalten erschreckend gering.
  • Schülerinnen und Schüler wollen sich möglichst lange alle Bildungswege offen halten.

„Gerade der letzte Punkt deutet darauf hin, dass die GEW-Forderung nach längerer gemeinsamer Schulzeit dem Wohlbefinden und damit dem Lernerfolg von Lernenden dienlich ist,“ folgerte Jonas Lanig: „Dann können Schulen auch humane Häuser des Lernens werden“.

Bildunterschrift:

Vor der Schule in Hallstadt: Jonas Lanig, Bundesvorsitzender der Aktion Humane Schule (rechts im Bild), informierte beim 24. GEW-Forum Bildung anders Kolleg*innen aus allen drei fränkischen Regierungsbezirken. Links der Initiator der jährlichen Veranstaltung, Rudolf Brandenstein aus Unterfranken, VGEW-Hauptpersonalrätin Ruth Brenner, Vorstandsmitglied GEW-Mittelfranken und Mitglied im Hauptpersonalrat, Ernst Wilhelm, stellv. Vorsitzender der GEW Oberfranken.