GEW Unterfranken widerspricht Regierung von Unterfanken zum Schulanfang: Unterrichtsversorgung bedroht
Die Bildungsgewerkschaft GEW sieht im Gegensatz zur Regierung von Unterfranken zum Schulanfang keine Erleichterung in der Lehrkräfteversorgung. „Der Druck auf Kolleginnen und Kollegen, Kinder und Jugendliche und Eltern bleibt bestehen, da keinen einzige Lehrkraft zusätzlich eingestellt wurde“, sagt der GEW-Bezirksverbandsvorsitzende Martin Heilig zum Schulanfang. „In jeder unterfränkischen Schule fehlt statistisch eine Lehrkraft.“ Das führe zu Belastungen der Kolleginnen und Kollegen, der Schülerinnen und Schüler und der Eltern.
Grund- und Mittelschulen
Lehrkräfte an Grund- und Mittelschulen müssen mit 28 Unterrichtsstunden (29 für Fach- und Förderlehrkräfte) in der Woche ein Drittel mehr arbeiten als ihre Kolleginnen und Kollegen in den weiterführenden Schulen und bekommen bis zu 500 € weniger. „Kleine Kinder, großes Gehalt: das gleiche Einstiegsgehalt für alle Lehrkräfte!“ fordert Heilig. ((https://www.gew-bayern.de/aktuelles/detailseite/neuigkeiten/gew-bayern-macht-fuer-ja13-mobil-1/))
Der Personalmangel führt zu massiven Problemen in Unterfranken: pädagogisch geteilte Klassen werden zusammengelegt, Förderlehrkräfte, die nocheinmal weniger verdienen als Mittelschullehrkräfte, übernehmen Unterrichtsverantwortung statt individuell zu fördern, Kolleginnen und Kollegen trauen sich nicht, krank zu sein, um die Kinder nicht durch Stundenausfall zu belasten, verschleppen und fallen schließlich länger oder ganz aus, die Mobile Reserve, die bei Krankheit oder Fortbildungen eigentlich einspringen soll, ist schon am Schuljahresanfang so fest verplant, dass sie ihre Springeraufgaben nicht mehr erfüllen können, Kolleginnen werden gebeten, im Krankenstand doch bitte Stunden vorzubereiten oder zu korrigieren.
Auch die Zweitqualifikation von schulartfremden Lehrkräften belastet alle Betroffenen: Die jungen Realschul- und Gymnasiallehrkräfte in Grund- und Mittelschulen müssten neben dem anstrengenden Unterricht sich weiterbilden, die Stammlehrkräfte sehen sich in der Pflicht, ihre unerfahrenen Kolleginnen und Kollegen zu unterstützen, die Schülerinnen und Schüler haben keine Kontinuität: „Sie können einem eigentlich sehr guten Fahrzeug, das aber überladen ist, nicht noch mehr aufbürden, ohne dass es zusammenbricht,“ so Heilig.
„Schließlich gingen Eltern auf die Barrikaden, weil überlastete Lehrkräfte deren Erwartungen nicht entsprachen,“ weiß Heilig. Doch die Vorgesetzten unterstützen den Elternprotest, melden Stundenausfälle nicht und erhöhten den Druck auf ihre Kolleginnen und Kollegen. Die Betroffenen fühlen sich hilflos. Das läge auch daran, dass Personalräte der Lehrervereine oft Schulleiter sind. „So bleibt nur die Rechtsberatung der GEW-Personalräte, um wirksame Hilfe zu leisten.“
Die GEW erwartet im Gegensatz zur Regierung von Unterfranken auch im Jahr 2018/2019 wieder massive Unterrichtsausfälle, verunsicherte Lehrkräfte, die sich nicht trauen, krank zu sein oder auf Fortbildung zu gehen, und Schülerinnen und Schüler, die ihre Ziele nicht erreichen: jeder Zehnte verlässt die Schule ohne Abschluss, nur ein Drittel erreicht den der Realschule gleichwertigen Mittleren Schulabschluss an der Mittelschule. „Wir brauchen wieder mehr Zukunft in den Grund- und Mittelschulen“, so Heilig.
Gymnasium und Realschulen
Es finden sich heuer gut ausgebildete 2300 Gymnasial- und 1800 Realschullehrkräfte auf der Straße wieder: die haben zwar die Hoffnung, wenigstens befristet angestellt zu werden oder mit einer Zusatzqualifikation in Grund- und Mittelschulen Arbeit zu finden. „Doch was für eine Ressourcenverschwendung“, sorgt sich Martin Heilig. „Wir brauchen ein gemeinsames Grundstudium für alle Lehrämter, damit endlich Flexibilität zwischen den Schularten und Professionalität zusammen gehen.“ Die Rückkehr zum neunjährigen Gymnasium wird allgemein begrüßt. „Aber die Personalausstattung mit Klassenleitungsstunden und Sozialpädagoginnen und –pädagogen muss endlich umgesetzt werden,“ fordert Heilig.
Berufliche Schulen
Die hohe Qualität der dualen Ausbildung sieht die Bildungsgewerkschaft auch in Unterfranken bedroht. „Im Kampf um die Köpfe entscheiden die Arbeitsbedingungen und das Einkommen,“ weiß Heilig. Schon jetzt müssten Kurse zusammengelegt werden, Unterricht entfalle und Auszubildende erreichten ihre Ziele nicht: ein Viertel breche die Ausbildung ab.
Förderschulen
Die Schulart, die mit hoher Professionalität und Kollegialität die Schwächsten in der Gesellschaft auf eben diese vorbereitet, stehe ebenfalls unter Druck. „Wir brauchen schon wegen EU-Behindertenrechtskonvention mehr Sonderpädgogik in den Regelschulen,“ weiß der GEW-Bezirksvorsitzende. „Aber dieser Mobile Sonderpädagogische Dienst dürfe dann nicht an den Förderschulen fehlen, große Klassen verursachen und Lehrkräfte, Schülerinnen und Schüler und Eltern belasten.“ ((https://www.behindertenrechtskonvention.info/inklusion-3693/))
Folgen
„Lehrkräfte in Unterfranken arbeiten am Limit“, fasst Heilig zusammen. Der bayerische Staat muss seine Hausaufgaben machen:
– gleiche Bezahlung der Lehrkräfte an allen Schularten
– vorausschauende Personalplanung
– gemeinsames Grund-Studium aller Lehrämter zur Ausbildung von Stufenlehrkräften
– Ende des Befristungsunwesens und der Kettenverträge
– längeres gemeinsames Lernen aller Schülerinnen und Schüler mit den entsprechenden Ressourcen ausstatten
Die GEW Unterfranken bietet betroffenen Kolleginnen und Kollegen Rechtschutz, Fortbildungen und Beratung bei beruflichen Problemen für alle Lehrkräfte und Beschäftigte in Bildungsberufen: www.gew-unterfranken.de
Quellen
Das Staatsministerium sucht händeringend nach Lehrkräften (Stichwort „Volleinstellung“), Seiten- oder Quereinsteiger ohne dreimonatige Mindesqualifikation „on the job“, Zusatzqualifikanten oder Reaktivierung von Pensionistinnen und Pensionisten sind nicht einmal eine mittelfristige Lösung. In Würzburg wurden im Juli 2018 schon 500 Kinder mehr geboren als zwei Jahre zuvor. Die erreichen 2014 die Grundschulen:
https://www.km.bayern.de/lehrer/meldung/6106/neueinstellungen-ueber-4200-lehrerinnen-und-lehrer-zum-kommenden-schuljahr.html
Die GEW kritisiert die kurzsichtige Einstellungspolitik:
Bayern: https://www.gew-bayern.de/aktuelles/detailseite/neuigkeiten/bildungsgewerkschaft-gew-zum-schulbeginn-in-bayern/
https://www.gew-bayern.de/aktuelles/detailseite/neuigkeiten/gew-bayern-weist-angriffe-gegen-paedagogisches-fachpersonal-zurueck/
Bund:
https://www.ardmediathek.de/tv/Morgenmagazin/Lehrermangel-Gewerkschafter-schlagen-Al/Das-Erste/Video?bcastId=435054&documentId=55268050
https://www.youtube.com/watch?v=u44OmLRu4Kk .
https://www.rtl.de/cms/arbeitslos-in-die-sommerferien-fuer-tausende-lehrer-immer-noch-realitaet-4189060.html
Inzwischen ist der Lehrkräftemangel auch in der Satire angekommen:
https://www.ardmediathek.de/tv/extra-3/Lehrermangel-in-Deutschland/NDR-Fernsehen/Video?bcastId=3709210&documentId=55137114