Die GEW Aschaffenburg-Miltenberg hatte Anfang des Jahres beschlossen, sich an ein Lese-Projekt zu wagen. Im Projekt-Team schälten sich schließlich schnell folgende Eckdaten heraus: Man einigte sich auf den Projekt-Namen „LesARTen“. Es sollte an fünf Abenden in einer Woche durchgezogen und für jeden Abend ein Kooperations-Partner gefunden werden, der sich um Ort und/oder Abendprogramm sowie die Bewerbung kümmerte. Als Rahmenthema für die Abende wurde für dieses Jahr „Heimat? – Heimat!“ gewählt. Anfang August stand das Programm und die Bewerbung auch über die Medien der Stadt konnte anlaufen.
Vielleicht etwas ungewöhnlich für eine Lesewoche wurde sie im lokalen Programmkino mit einem Film eröffnet, der sich als Literatur-Neuverfilmung allerdings als bestens geeignet herausstellte: „Deutschstunde“ nach dem Welt-Bestseller-Roman von Siegfried Lenz. Er war erst wenige Tage vorher angelaufen und so war der kleine Saal bis auf den letzten der 50 Plätze gefüllt. Die GEW-Mitglieder im Kreisverband hatten einen Freikarten-Gutschein per Post erhalten. Nach dem Film konnte man viele Stimmen hören im Sinne von „Das muss ich nochmal nachlesen.“ – Was will ein Leseprojekt mehr?
Am Dienstagabend wurden in einem Raum des Aschaffenburger Stiftsmuseums rund 40 ZuhörerInnen auf einen Streifzug durch die Stadtgeschichte mitgenommen, im ersten Teil anhand des geschichtlichen Lesebuchs »Blickwinkel Aschaffenburg«, geschrieben 1996 von drei GEW-Kollegen und 2010 in zweiter überarbeiteter Auflage erschienen. Es lasen Martin Hahn, einer der Mitverfasser, und Heiner Herrmann, sein ehemaliger Schulleiter (Schöllkrippen). Als das „Besondere“ des Abends würdigte die Lokalpresse die Zeitzeugen-Beiträge des Glattbacher Ehepaars Herrmann, Jahrgang 1927, die ihr Sohn Heiner dokumentiert hatte und jetzt authentisch vortragen konnte.
Einen „märchenhafte Exkurs“ zum Rahmenthema gab es am Mittwochabend im Story-Stage-Märchentheater mit Günther Geisler und Hild Stapf. Exkurs kommt vom lateinischen excurrere, wofür man die Bedeutung „hinauslaufen“ im Lexikon findet. Das taten die Texte von Günter Geisler dann auch ziemlich weit und lang, jedenfalls nach dem Geschmack des ziemlich überschaubaren Publikums. Nach ihm hätten die verfremdeten Spessart-Märchen und Sagen im ersten Teil den Themenrahmen und auch den Abend voll ausgefüllt …
Ganz anders am Donnerstag Abend: Im voll besetzten jüdischen Dokumentationszentrum am Wolfsthalplatz stand Ruth Weiss im Mittelpunkt – „Autorin und Journalistin gegen Rassismus und für Gerechtigkeit“. Doris Kanja (GEW) präsentierte biographische Informationen und hob neben den engen Verbindungen der Namensgeberin einer Aschaffenburger Realschule zu Stadt und Umland über die jüdische Familie ihren Kampf gegen das Unrecht der Apartheidpolitik im südlichen Afrika hervor. Albrecht Sylla (GEW) las sehr einfühlsam und ausdrucksstark aus ihrem Roman „Meine Schwester Sara“ (2002). Das Publikum hätte nach den 90 Minuten sicher gerne noch ein bisschen gelauscht.
Den Abschlussabend am Freitag bestritten im Martinushaus vier AktivistInnen aus dem lokalen globalisierungskritischen Netzwerk mit einschlägigen Texten von AutorInnen, deren Wurzeln von der lokalen Kulturszene bis in so weit entfernte Teile des Globus wie Bosnien, Palästina, Iran oder Chile reichten. Dazu sang Reinhard Frankl (GEW) in heimischer Mundart Lieder wie „Des Land is doi Land“, das auch den Titel des Abends lieferte. Das Publikum würdigte das in Hinblick auf den Untertitel „Lieder und Literatur zu einem umstrittenen Begriff“ rundum gelungene und kurzweilige Programm mitunter mit stehendem Applaus.
Der Pilot ist gelandet. Ob das Projekt im nächsten Jahr weiter geführt wird? – Wie immer eine „macht“-Frage …