Schule ist kein Riesencomputer

Schule ist kein Riesencomputer

In einer Mitgliederversammlung diskutierte der Kreisverband der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft nach einem kurzen Eingangsreferat des GEW-Kreisvorsitzenden Wolfgang Tröster über das Thema Digitale Bildung bzw. über die Bedeutung der Digitalisierung in Erziehungseinrichtungen, vor allem in der Schule.

Digitales Gerät als Mittel zum Zweck

Dabei waren sich die Anwesenden einig, dass durch den Einzug und die vermehrte Bedeutung der Digitalisierung das schulische Leben trotzdem nicht wie von einem Riesencomputer geprägt werden dürfe. Unbestritten ist, dass die Kompetenz der Schülerinnen und Schüler, was Smartphones und Tablets angehe, durchaus noch gesteigert werden kann, allerdings immer unter der Maßgabe einer sinnvollen und angemessenen Nutzung. Das digitale Gerät muss Mittel zum Zweck sein, dazu gehören Recherchieren, Gestalten und Visualisieren von Texten, kreatives Üben im Bereich Fertigkeiten. Die SchülerInnen dürfen dabei freilich nicht vom Gerät beherrscht werden. Big Data, Computer und Algorithmen in Gestalt von vollautomatischen E-Learning-Systemen dürfen das Erziehungsgeschehen nicht autonom steuern und eine lebendig praktizierte Pädagogik untergraben, die grundsätzlich immer noch in gemeinschaftsbildenden Klassenverbänden zu verwirklichen sei und das Fundament für eine demokratische Bildung bilde.

Totalüberwachung?

Eine Gefahr bestehe auch in der möglichen Totalüberwachung durch die Lernsoftware, durch die alle Lernverhaltensweisen der SchülerInnen von den Anbietern gespeichert, gesammelt und ökonomisch ausgewertet werden können, so dass die Schüler zu gläsernen Lernmaschinen werden könnten. Ein spezielles Datenschutznetz für Kinder und Jugendliche im Sinne des schon in den USA bestehenden „Children’s Online Privacy Act“ sei unabdingbar, so die Bildungsgewerkschafter in Karlstdt.
Hintergrund
Wissenschaftliche Langzeituntersuchungen (Lankau, Spitzer) haben außerdem ergeben, dass die intensive Digitalisierung bzw. die Verwendung der digitalen Medien nicht zu einer höheren Leistungsmotivation bzw. zu besseren Lernerfolgen geführt haben. Im Gegenteil, die zu starke Fixierung auf Smartphones verringere lebendige menschliche Kommunikation und reduziere die Fähigkeit zu Empathie und sozialer Kompetenz. Die Schule solle weiterhin, so Doris Schupp, „ein lebendiger Ort der Begegnung und des gegenseitigen Förderns“ sein. Dazu gehöre es durchaus, die Verwendung des Handys im schulischen Alltag zu relativieren und die unmittelbare Kommunikation zu betonen.

Medienmündigkeit

Deshalb sollten sich die Lehrkräfte wie bisher dafür einsetzen, mit gut strukturiertem Unterricht die Schülerinnen und Schüler ganz bewusst zu einer Medienmündigkeit bringen. Nur so könne es gelingen, eine zukunftsorientierte, human ausgerichtete digitale Kompetenz zu erreichen. Alfred Hock und Elfriede Jakob-Komianos betonten abschließend, dass dazu kleinere Klassen mit genügend Möglichkeiten zur Differenzierung nötig seien, gerade auch vor dem Hintergrund der gestiegenen Zahl von Kindern mit Migrationshintergrund. Die Versorgung mit Lehrern im Volksschulbereich sei, gerade was MSP angeht, im aktuellen Schuljahr, so Hock, zwar besser geworden, allerdings seien viele Schulen durch sehr knappe Stundenzuweisungen gezwungen, jahrgangsgemischte Klassen zu bilden, oft sogar mit hohen Schülerzahlen pro Klasse. Den zusätzlichen Arbeitsaufwand hätten die LehrerInnen zu tragen, ohne dafür die angemessene Unterstützung und Entlastung zu erhalten. Dass man dabei nicht jedem Schüler gerecht werden könne, vor allem in großen, gemischten Klassen, liege auf der Hand.

Erhöhte Arbeitsbelastung

Vielen Lehrern im Volksschulbereich komme es angesichts dieser erhöhten Arbeitsbelastung und der – Aufgaben im Rahmen der Inklusion müssen ebenfalls noch geschultert werden –
geradezu als Hohn vor, dass ausgerechnet sie im Gegensatz zu Realschul-, Gymnasial- und Förderschullehrern nur mit A12 entlohnt werden, obwohl sie, vor allem in der Grundschule, von allen Schularten die größte Bandbreite an Begabungen und Voraussetzungen unter einen Hut bringen müssen. Dabei dürfen sie ihre Verantwortung für die Vorbereitung auf die jeweils geeignete weiterführende Schule nicht vernachlässigen, sollen dabei allen gerecht werden, müssen Förderpläne schreiben, die längsten Zeugnisformulierungen erstellen oder gut vorbereitete Lernentwicklungsgespräche führen und haben dennoch die höchste Unterrichtsverpflichtung, wenn sie Pech haben auch noch in einer jahrgangsgemischten Klasse.

GEW: JA – A13!

In vielen Fällen wählen Grundschullehrerinnen deshalb eine Teilzeittätigkeit, damit sie ihre Arbeit bewältigen können, wodurch sie sogar noch deutlich weniger verdienen. Die Aktion „JA13“ der GEW, gleiches Einstiegsgehalt für alle Lehrergruppen, versucht Bewusstsein dafür zu schaffen, dass diese Ungerechtigkeit bald beendet werden muss.“

Wolfgang Tröster, Vorsitzender des Kreisverbandes Main-Spessart der Bildungsgewerkschaft GEW, Am Steinernen Bild 28, 97753 Karlstadt Tel. 09353 8181
W.Troester@web.de