Archiv 31. Januar 2019

Lehrkräftemangel dramatisch – kein gutes Zeugnis fürs Kultusministerium

Der Lehrkräftemangel an den Schulen in Deutschland ist weiterhin dramatisch. Damit stellen sich die Kultusministerien kein gutes Zeugnis aus.
Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) schlägt ein 10-Punkte-Programm vor. Sie bietet den Ländern die Zusammenarbeit an, um Lösungsstrategien für die verfahrene Situation zu entwickeln und umzusetzen“, sagte GEW-Vorsitzende Marlis Tepe mit Blick auf den Einstellungstermin für Lehrkräfte im Februar. Auch im zweiten Halbjahr des Schuljahres 2018/19 blieben tausende Stellen unbesetzt. Am stärksten sei der Mangel an Grund- und Förderschulen sowie an beruflichen Schulen. Zudem seien bundesweit mehrere tausend Quer- und Seiteneinsteiger*innen eingestellt worden, in Bayern vornehmlich sog. Zweitqualifizierer*innen, also Kolleg*innen, die grundständig ein anderes Lehramt studiert haben. Ohne diese Maßnahme wäre die Mangelsituation noch deutlich zugespitzter. „Der Lehrkräftemangel ist keine Eintagsfliege. Wenn jetzt nicht effektiv gegengesteuert wird, verschärft sich die Situation bis 2025, ja 2030 sogar noch“, betonte Tepe.
„Mit unserem 10-Punkte-Programm legen wir ein Maßnahmenbündel vor, das kurz-, mittel- und langfristig greift“, unterstreicht der bayerische GEW-Vorsitzende Anton Salzbrunn. „Teilnehmer*innen an Zweitqualifizierungsmaßnahmen müssen qualifiziert werden, bevor sie in die Schulen kommen. Zudem müssen sie sofort durch Mentoringprogramme unterstützt werden. Dafür brauchen wir einheitliche Standards und mehr Ressourcen“, erläuterte Salzbrunn.

Vollkommen unverständlich ist, dass es nach wie vor Studiengänge für das Lehramt an Grundschulen gibt, die mit einem Numerus clausus (NC) belegt sind. Damit mehr junge Menschen ein Lehramtsstudium aufnehmen, müsse der Beruf attraktiver gemacht werden. Dafür seien die Arbeitsbedingungen zu verbessern. Dazu gehört vor allem auch, alle voll ausgebildeten Lehrkräfte nach A13 (Beamtinnen und Beamte) und E13 (Angestellte) zu bezahlen. Gleiches Geld für gleichwertige Arbeit: JA13 für alle! Länder wie Bayern müssen jetzt nachziehen.

Salzbrunn machte aber auch noch einmal deutlich, dass die aktuelle Situation im Wesentlichen hausgemacht sei. „Auch Bayern hat es in den vergangenen Jahren versäumt, ausreichend Lehrkräfte auszubilden bzw. zu übernehmen, obwohl die Pensionierungszahlen und die steigende Geburtenrate lange bekannt sind.“ Die Belastungen durch die Mangelsituation dürfen nicht länger auf dem Rücken der Lehrerinnen und Lehrer ausgetragen werden.

Knariks Stuhl bleibt leer

GEW kritisiert drei Abschiebungen in zwei Wochen an unterfränkischer Schule

Da kommt man als Lehrkraft in die Klasse, in der man seit sechs Monaten lehrt, vereint lernt, gemeinsam Hindernisse überwindet, um Erfolge ringt. Und dann am Donnerstag Morgen das: Der Stuhl der Schülerin Knarik ist leer. Und er bleibt leer. Knarik ist nach Armenien abgeschoben worden. Morgens um sechs kommen die Beamten unangekündigt in die Unterkunft, nehmen die Tochter und die Mutter mit. Die Tochter wird nach Armenien abgeschoben, die Mutter nach Georgien. Das Mädchen stand noch dazu kurz vor einer Operation. Die Klasse ist fassungslos, die Lehrkraft wütend, der Schulleiter hilflos: keiner wusste davon.

Knarik ist die dritte Asylsuchende, die innerhalb zweier Wochen von der Schulbank an der Fachoberschule Marktheidenfeld weg in ein fernes Land verschoben wurde, bei Nacht und Nebel, wie Diebesgut. Zudem wurde der Schutz der Familie durch diese Abschiebung grob missachtet (Art. 6 GG). „Die Würde des Menschen ist unantastbar (Art.1 GG),“ sagt der Geschäftsführer der GEW Unterfranken, Jörg Nellen. „Die Grundsätze des unverletzlichen und unveräußerlichen Verfassungskerns bringen wir allen Schülerinnen und Schülern als erstes bei.“ Das Grundgesetz ist höherrangig als jedes Aufenthaltsgesetz. Das Aufenthaltsgesetz von 2017 schafft ausdrücklich einen Ermessensspielraum, wenn „wenn dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern“ (§ 60a Abs. 2 S. 3 AufenthG). Alle Bundesländer sehen das so, nur Bayern schiebt ab.

„Was ist dringender und persönlicher als Ausbildung, als Qualifikation, als Anstrengungsbereitschaft?“ fragt Nellen. „Ausbilden statt Abschieben ist unser Auftrag, alles andere ist unanständig“. Die Bildungsgewerkschaft GEW hat in einer Unterschriftenaktion sich deutlich gegen pauschale Abschiebungen aus Schulen ausgesprochen: „Wir Lehrkräfte sind keine Abschiebehelfer!“ (https://www.gew-bayern.de/aktuelles/detailseite/neuigkeiten/praesentation-unterschriftensammlung-lehrkraefte-sind-keine-abschiebehelferinnen/ ; siehe unter meiner Unterschrift). 1500 Unterschriften unterstützten den Aufruf 2018 innerhalb weniger Wochen.

Knariks Stuhl bleibt leer. „Wir werden dafür streiten, dass nicht noch mehr qualifizierte, motivierte, integrierte Menschen aus ihrem Leben mit Zukunft gerissen werden“, so Nellen. Die GEW fordert Kultusminister Prof. Dr. Michael Piazzolo auf, den ihm anvertrauten Schülerinnen und Schüler – und ihren Lehrkräften – den verfassungsgemäßen Schutz angedeihen zu lassen.

Einladung zum 20. MaiMeeting der GEW

Wir laden dich ganz herzlich zum 20. MaiMeeting der GEW ein. Es findet vom 30. Mai bis 2. Juni 2019 (Himmelfahrtswochenende) im Vier-Sterne-Hotel an der Therme Bad Orb statt. Das schöne Hotel liegt am Kurpark und bietet einen direkten Thermenzugang. Der Ort befindet sich zwischen Frankfurt und Fulda, im Naturpark Spessart. Diese Veranstaltung der Bundesebene bietet wieder eine spannende Mischung aus Workshops, abendlichen Kultur- und Diskussionsveranstaltungen sowie attraktiven Freizeitmöglichkeiten. Sie wird von der Gemeinschaftsaufgabe Gewerkschaftliche Bildungsarbeit der GEW (gba) veranstaltet und ist offen für alle Mitglieder sowie deren Partner, Partnerinnen und Kinder.

weitere Infos und Online-Anmeldung

GEW im Bündnis gegen Rechts: Holocaust-Gedenken im „Stern“

Wacht ojf! ´S brent!

Sonntag, 27. Januar 2019, 18.00 Uhr (Einlass ab 17:30 Uhr), Kulturkneipe „Stern“, Aschaffenburg, Platanenallee 1, Eintritt frei(willig – Spende!)
Flugi/Plakat herunterladen (pdf)

In Zeiten, in denen eine Partei in allen Parlamenten sitzt, die offen „nichts anderes als eine erinnerungspolitische Wende um 180-Grad“ fordert, ist es besonders wichtig, das Gedenken an Faschismus, Krieg und Holocaust aktiv zu begehen. Maren Sequens und Reinhard Frankl umrahmen unsere Veranstaltung mit Liedern aus Ghetto, KZ und Widerstand.