Archiv 27. Februar 2018

„(Aus-)Bildung statt Abschiebung!“

GEW und Mitarbeiter*innen des Bezirksjugendrings Unterfranken sammelten Unterschriften

Würzburg. Fast täglich neue Meldungen zu Terroranschlägen in Afghanistan mit vielen Toten und Verletzten – doch die Abschiebungen laufen weiter. Ungeachtet der sich immer weiter verschlechternden Lebensbedingungen im Kriegsland Afghanistan stellt Bayern den Hauptanteil der Mitmenschen, die nach Afghanistan abgeschoben werden. Die Bildungsgewerkschaft GEW Bayern hat eine Unterschriftensammlung dagegen initiiert, der sich jetzt der Bezirksjugendring Unterfranken um den stellvertretenden Geschäftsführer Lambert Zumbrägel angeschlossen haben. Martin Heilig, GEW-Bezirksvorsitzender, nahm die Unterschriftenliste entgegen, mit der (Aus-)Bildung statt Abschiebung gefordert wird.

Die Bundesregierung und Bayerns Innenminister Joachim Herrmann halten hartnäckig daran fest, es gebe sichere Gebiete in Afghanistan, in der die Abgeschobenen eine Lebensperspektive haben. Dabei weisen alle UN-Organisationen, die mit Afghanistan befasst sind, das Land als Kriegsgebiet aus. Der deutsche Botschafter und seine wenigen Mitarbeiter*innen, die nach dem Bombenanschlag auf die deutsche Botschaft im vergangenen Jahr in der US-Botschaft Asyl gefunden haben, sind nicht in der Lage, einen neuen Lagebericht zu erstellen.

Lambert Zumbrägel findet hierfür deutliche Worte: „Wir setzen uns mit unserer Arbeit, insbesondere als Projektregion Unterfranken im Aktionsprogramm Flüchtlinge werden Freunde, für die Integration von Geflüchteten in die bayerische Jugendarbeit und in unsere Gesellschaft ein. Mittlerweile müsste es doch hinlänglich bekannt sein, dass wir aus gesamtgesellschaftlicher und volkwirtschaftlicher Sicht auf gut ausgebildete Migrant*innen angewiesen sind. Es ist mir nicht begreiflich, wie man auf dem Rücken der vornehmlich jungen Generation aus politischem Kalkül Kapital schlagen kann.“

Viele Jugendverbände und -organisationen in Unterfranken, wie der Stadtjugendring Aschaffenburg, die THW-Jugend Lohr oder der Stadtjugendring Schweinfurt leisten wertvolle Arbeit. Sie ermöglichen es den jungen Geflüchteten, sich ein neues Leben aufzubauen. Und nun werden auch Integrationswillige aus Schule, Lehrstelle, Arbeitsplatz mit Gewalt herausgerissen und in ein Kriegsland geflogen, obwohl sie sich auf dem besten Wege befinden, sich hier bei uns ein neues Leben aufzubauen.

„Das verstehen wir, die bayerische Jugendarbeit nicht – und auch Schüler*innen machen gegen dieses unmenschliche Handeln mobil“, sagt Zumbrägel. Diese Zivilcourage verdiene unsere Hochachtung.

Die Absicht der Bayerischen Staatsregierung, die Zahl der Abschiebungen deutlich zu erhöhen, äußert sich auch darin, dass – wie das Beispiel eines jungen Berufsschülers aus Nürnberg Ende Mai 2017 zeigte – auch aus Schulen abgeschoben wird.

Abschiebungen aus Klassenzimmern oder gar Bildungsseminaren, an denen Kolleg*innen mit Fluchterfahrung mitwirken ist scharf zu verurteilen. „Pädagog*innen, Jugendleiter*innen, aber auch andere Geflüchtete werden durch ein solches Vorgehen massiv verunsichert,“ weiß der unterfränkische GEW-Chef Martin Heilig. „Die Angst vor Abschiebungen aus dem Klassenzimmer heraus oder von der Ausbildungsstätte verhindert das weitere Lernen für eine sehr große Zahl von Teilnehmer*innen.“

GEW und Bezirksjugendring fordern mit Nachdruck eine sichere Aufenthaltsperspektive für alle Jugendlichen und jungen Erwachsenen, nicht nur bis zum Abschluss ihres Bildungsweges bzw. ihrer Ausbildung, sondern selbstverständlich auch darüber hinaus.

„In unserer tagtäglichen Arbeit bilden wir Vertrauen, leisten wertvolle Integrationsarbeit und geben den jungen Geflüchteten Halt in einer fremden Umgebung,“ sagt Heilig. Das unterstützt Lambert Zumbrägel: „All dies darf nicht durch Abschiebungen konterkariert werden. Dies verhindert die Integrationsbemühungen der jungen Menschen und entfremdet Bildungseinrichtungen davon, ein sicherer Ort des Lebens und Lernens zu sein!“

Eine gelungene und nachhaltige Integration ist aus Sicht von GEW und BezJR nur dann möglich, wenn alle jungen Menschen eine Perspektive haben, diese in der Schule entwickeln können und sich mit ihren Fähigkeiten und Fertigkeiten in unsere Gesellschaft einbringen können. Daher verwehren sie sich gegen die aktuelle Abschiebepraxis aus Bildungseinrichtungen.

Aus diesem Grund unterstützen wir die Aktion der GEW und sagen deutlich:

Wir Mitarbeiter*innen des Bezirksjugendrings Unterfranken und seiner Jugendbildungsstätte wollen uns nicht als Abschiebehelfer*innen instrumentalisieren lassen!

Wir erheben unsere Stimme gegen diese Praxis!

Wir fordern: (Aus-)Bildung statt Abschiebung!

FOTO: Lambert Zumbrägel (rechts) übergibt an den GEW-Bezirksvorsitzenden Martin Heilig die Unterschriften des Bezirksjugendrings Unterfranken mit seiner Jugendbildungsstätte. Im Hintergrund sind stolz: Lore Koerber-Becker, GEW-Kreisvorsitzende, Stefan Lutz-Simon, Leiter der Jugendbildungsstätte, Zehranur Manzak und Mehdi Bhidi, beide JuBi, Wibke Lewring, BezJR.

Monika Hartl neue GEW-Vorsitzende im Kreis Aschaffenburg-Miltenberg

Der Kreisverband der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) Aschaffenburg-Miltenberg hat einen neuen Vorstand gewählt. Vorsitzende ist nun Monika Hartl. Stellvertreter Thorsten Grimm und die weiteren Mitglieder des geschäftsführenden Vorstands Peter Adler und Phillip Przynitza waren auch im bisherigen Vorstand.

Hartl, die vorher etliche Jahre Erfahrungen in Vorstandsgremien auf Landes- und Bezirksebene der GEW gesammelt hatte, sowie die gewerkschaftliche Bildungsarbeit in Bayern betreut hat, sieht ihrer Aufgabe mit viel Freude und Zuversicht entgegen: „Unsere Gewerkschaft leistet einen wichtigen Beitrag zur Weiterentwicklung der Gesellschaft. Veränderungen im Bildungssystem und der Einsatz für bessere Arbeitsbedingungen aller Beschäftigten in diesem Bereich sind für mich von elementarer Bedeutung. Wie wichtig die Arbeit in unseren Fachgruppen, sowie die Zusammenarbeit mit allen Gewerkschaften im Gewerkschaftsbund (DGB) ist, sehen wir nicht nur in Tarifverhandlungen, sondern auch in der Auseinandersetzung um Arbeitsbedingungen, auch gerade im außerschulischen Bereich.“

Die derzeit stattfindenden Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst (TVöD) erzwingen einen schnellen Einstieg in die Arbeit. „Unser Vorstand ist erfahren und breit aufgestellt!“, so Hartl. Der wachsende innergewerkschaftliche Bereich der Sozialen Arbeit sei bestens im Vorstand abgedeckt, auch der schulische Bereich ist gut repräsentiert, Hartl selbst ist Studienrätin im Förderschuldienst.

Änderung des Bayerischen Hochschulgesetzes

Zum 1. Juli 2018 soll das Bayerische Hochschulgesetz (BayHSchG) dahingehend geändert werden, dass die Struktur der Studierendenvertretungen aus dem Gesetz entfernt und in jeder einzelnen Grundordnung (GO) der jeweiligen Hochschule individuell festgeschrieben wird. Somit kann die Hochschulleitung den Studierenden vorschreiben, welche Organe oder Gremien sie sich zu geben haben. Die Landesregierung kann mit dieser Gesetzesänderung jetzt behaupten, eine – von der Opposition stets geforderte – Verfasste Studierendenschaft sei nun überflüssig, da diese selbstgegebene Verfassung mit dem Einschreiben in die GO der einzelnen Hochschulen erfolge. Jedoch ist es den Studierenden weiterhin untersagt, Beiträge zu erheben oder als eigene Rechtsperson aufzutreten. Man ist, wie seit 1973 (Abschaffung der Verfassten Studierendenschaft in Bayern), von den Zahlungen des Finanzministeriums abhängig (0,46€ pro Studi), ist ein Teilorgan der Universität und darf bei Verhandlungen des Studentenwerks z.B. zum Semesterticket o.ä. nur beratend anwesend sein und nicht selbst stellvertretend für 51.000 Studierende (z.B. LMU München) die Verhandlungen führen. Der Sprecher- und Sprecherinnenrat der Julius-Maximilians-Universität Würzburg, der zur Hälfte aus GEW-Mitgliedern besteht, brachte deshalb im Studentischen Konvent einen Antrag ein, der einen Ausschuss zur Überarbeitung der GO forderte.

Solidarität mit streikenden Hiwis in Berlin

Der Studentische Konvent der Julius-Maximilians-Universität unterstützte aufgrund eines Antrags der GEW-Hochschulgruppe den Warnstreik der studentischen Hilfskräfte in Berlin (16.1.18), mit dem sie eine deutliche Verbesserung des seit 17 Jahren nicht mehr angepassten Tarifvertrags von 2001 erreichen wollen. Forderungen der von den Gewerkschaften GEW und ver.di unterstützten Studierenden sind etwa ein Stundenlohn von 14€ und eine dynamischen Anpassung des Lohns an die Lohnentwicklung im öffentlichen Dienst. Knapp 8.000 studentische Hilfskräfte sind von dem Ausgang dieses Arbeitskampfes betroffen. Im Gegensatz zu Berlin werden Hilfskräfte in Würzburg nicht nach Tarifvertrag, sondern nach Mindestlohn (aktuell 8,84€ für Studierende ohne Hochschulabschluss) bezahlt. Dies ist weit unter den Forderungen der Studierenden. Schon im vergangenen Jahr beschloss das Studierendenparlament der Uni Würzburg, dass die Universitätsleitung 11,21€ als Stundenlohn zahlen solle. Deshalb sieht man mit Freude auf den Warnstreik, der u.a. auch von Studis der „Partnerhochschule“ Beuth Hochschule für Technik Berlin organisiert wird. Die Studierendenvertretungen der Beuth und der JMU Würzburg unterhalten seit Jahren ein gutes und solidarisches Verhältnis. Der Antrag der GEW-Hochschulgruppe zur Solidarität mit Berlin wurde ohne Gegenstimmen angenommen.

GEW-Vortrag zu Zivilklausel an Uni Würzburg

Am Montag, den 15.1. hielten GEW-Studis im Fachschaftenrat der Uni Würzburg einen Vortrag zum Thema „Zivilklausel“. Grund war, die 2013 vom Studentischen Konvent beschlossene Zivilklausel wieder ins Bewusstsein und über die Fakultätsräte in die Grundordnung der Hochschule zu bekommen. In den 50er Jahren gab es mit der TU Berlin die erste Zivilklausel Deutschlands, mittlerweile ist solch ein Passus in fünf Landeshochschulgesetzen (Brandenburg, Bremen, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Thüringen) festgeschrieben und eine Vielzahl einzelner Hochschulen haben sich für eine freiwillige Selbstverpflichtung zur friedlicher und/oder ziviler Forschung/Lehre/Studium entschlossen. Mit der FAU in Nürnberg-Erlangen gab sich 2016 die erste Hochschule in Bayern eine friedliche Ergänzung in ihrem Leitbild, in Augsburg, München, Regensburg und Würzburg gibt es beständige Bestrebungen, ebenfalls eine Zivilklausel zu etablieren. Der Vortrag in Würzburg stieß auf reges Interesse seitens der Studierenden und nach einer intensiven und zielgerichteten Diskussion konnte man sich dem Ziel einer rein zivilen Forschung an Hochschulen einen kleinen, aber trotzdem ungemein wichtigen Schritt näher fühlen. Weiterführende Informationen zur Situation in Würzburg unter: http://www.stuv.uni-wuerzburg.de/referat-ak/zivilklausel/