GEW Sommer-Seminar 2004

Fusionsfieber & Finanzkapital

Problembereiche:

  • Wie verändert die Jagd nach dem shareholder-value" die Wirtschaft?
  • Welche Rolle spielen die Banken bzw. das internationale Finanzkapital?
  • Welche Bedeutung hat die wachsende Konzentration im Rahmen der neoliberalen Globalisierung?
  • Deutet die weltweite Monopolisierung auf einen neuen Imperialismus hin?
  • Welche Funktion hat die Politik im "Kreislauf von Macht und Gier"?
  • Wie verschärfen sich die Krisen durch die massive Zerstörung von Wettbewerb und Arbeitsplatzen?
  • Gibt es Chancen für eine globale Antikartellpolitik"?

"Die französische Pharmagruppe Sanofi/Synthelabo plant den weit größeren Konkurrenten Aventis zu schlucken. Käme es zu dem Zusammenschluss, so entstünde am Weltpharmamarkt hinter dem US- amerikanischen Unternehmen Pfizer der zweitgrößte Konzern mit einem jährlichen Umsatzvolumen von rund 21 Mrd. $. -Ironischerweise bringt gleichzeitig der wohl spektakulärste Wirtschaftsprozess der deutschen Nachkriegsgeschichte eine andere erfolgreiche Firmenübernahme zurück auf die Tagesordnung. Die "Abwehrschlacht" des Jahres 2000 zwischen der Düsseldorfer Mannesmann AG und dem britischen Unternehmen Vodaphone ...führte am Ende zur Zerschlagung des deutschen Traditionsunternehmens, das sich vom Stahlproduzenten zum Telekommunikationsunternehmen gewandelt hatte. Kurssteigerungen und Gewinne für die Aktionäre auf der einen Seite und enorme Arbeitsplatzverluste auf der anderen Seite waren das Ergebnis."
(H.-J.Bontrup, Fusionsgier)

Seminarleitung: 

Eberhard Rauch

Seminarort

Heimathenhof, 63872 Heimbuchenthal, Tel. 06092/97150

Referent

Dr. Fritz Fiehler, Redaktion "Sozialismus"

Beginn
Ende 

Samstag, 31. Juli 2004,10.00 Uhr, Anreise bis 9.30 Uhr 
Sonntag, 1. August 2004, gegen 16.00 Uhr

Literatur

http://www.isw-muenchen.de/forschungsheft10.html

Joachim Bischoff / Paul Boccara / Karl Georg Zinn u.a, Die Fusions-Welle. Die Großkapitale und ihre ökonomische Macht, 144 Seiten (2000), ISBN 3-87975-787-9
Seit einigen Jahren steigen die Unternehmensverschmelzungen und -übernahmen auf ein Rekordniveau. Der weltweite Markt für Übernahmen und Verschmelzungen stieg von 470 Mrd. Dollar im Jahr 1990 auf insgesamt 3.400 Mrd. Dollar im Jahr 1999 an. Die Welle von Groß- oder Megafusionen erfasst alle Wirtschaftsbereiche und wirft damit die Frage nach der Herausbildung von Wettbewerbsverzerrungen und gesellschaftspolitischen Gefahren durch Machtkonzentration auf.

Die aktuelle Fusions-Welle hat verschiedene Ursachen:

  • die Umwälzung in der gesellschaftlichen Betriebsweise (Informations- & Kommunikations-Technologie)

  • die chronische Überakkumulation von Kapital

  • ein neues internationales Finanzregime

  • die Formation eines europäischen Produktions- und Marktraumes und

  • eine Machtverschiebung der fungierenden Kapitale zugunsten der Eigentümer (Shareholder).

Die Autoren fragen:
Wo sind die Schranken der Mega-Fusionen? Wird die Explosion wirtschaftlicher Macht zu einer Gefahr für Demokratie und Zivilgesellschaft? Ist die Ordnungs- und Kartellpolitik nicht längst ohnmächtig, durch die solch unkontrollierbare Wirtschaftsgiganten verhindert werden sollten? Es geht in ihren Beiträgen auch um die Rückgewinnung gesellschaftlicher Kontrolle und Steuerung der ökonomischen Entwicklung, wenngleich die Schwerpunkte vor dem Hintergrund der je spezifischen Untersuchungsansätze unterschiedlich gesetzt sind.

"Fusionsfieber" in den Warenkorb legen Winfried Wolf, Fusionsfieber Oder: Das große Fressen, ISBN 3-89438-210-4
Immer neue Elefantenhochzeiten, immer spektakulärere Konzernzusammenschlüsse, immer gigantischere Summen für Übernahmen und Fusionen. Winfried Wolf belegt die wirtschaftlichen Risiken, die destruktiven Folgen und den parasitären Charakter dieses großen Fressens und verweist auf dessen Endlichkeit, die sich in etlichen Bereichen mit branchenweiten Oligopolen bereits abzeichnet. Vor allem arbeitet er einen engen Zusammenhang von Fusionsfieber, globaler Finanzspekulation und Aktienboom auf der einen und der Wahrscheinlichkeit eines großen Börsenkrachs mit anschließender Wirtschaftskrise auf der anderen Seite heraus. Zugleich untersucht er die politischen Tendenzen und Gefahrenpotentiale, die mit den neuen Dimensionen wirtschaftlicher Machtzusammenballung Hand in Hand gehen: Abbau der finanziellen Grundausstattung des Staates, Aushöhlung der parlamentarischen Demokratie, Kauf politischer Entscheidungen und ganzer Parteien durch Banken und Konzerne.

Jörg Huffschmid, Politische Ökonomie der Finanzmärkte, Aktualisierte und erweiterte Neuauflage
288 Seiten, mit Abbildungen (2002), ISBN 3-87975-863-8
Jörg Huffschmids Analyse von Finanzmärkten und Finanzkrisen entzaubert den Mythos ihrer Allmacht und zeigt, wo Ansatzpunkte für eine wirtschaftspolitische Beschränkung und Steuerung des Finanzkapitals gegeben sind.

Was sind die Finanzmärkte, wie funktionieren sie, wer steht hinter ihnen? Welche Bedeutung und Folgen haben sie für die Entwicklung des gegenwärtigen Kapitalismus? Schließlich: wie können sie kontrolliert werden?

Finanzkrisen haben die Entstehung und Entwicklung des Kapitalismus regelmäßig begleitet. Ebensowenig wie Wirbelstürme entstehen Finanzkrisen jedoch aus dem Nichts. Sie sind Ergebnis bestimmter Konstellationen und Spannungen, die sich mit großer Wucht entladen.

Dieses Buch mit zahlreichen Grafiken und kommentierten Literaturhinweisen ist gerade auch für Einsteiger in die Thematik geeignet. Es wurde innerhalb kurzer Zeit zur »Bibel« der Bewegung für die Regulierung der Finanzmärkte, insbesondere für das Attac-Netzwerk. Die aktualisierte Neuauflage trägt dem u.a. durch ein neues Kapitel über die europäischen Finanzmärkte Rechnung.

Joachim Bischoff, Entfesselter Kapitalismus. Transformation des europäischen Sozialmodells, 224 Seiten (2003), ISBN 3-89965-034-4
Der Diskussionsstand über den gegenwärtigen Kapitalismus, seine Struktur und Entwicklungstendenzen ist alles andere als eindeutig. Seit der Auflösung der Systemkonfrontation zwischen den staatsozialistisch geprägten Gesellschaften und den westlichen Demokratien prägt das Stichwort "Globalisierung" die politischen Debatten. Aber kann dies als Hinweis auf eine fest etablierte neue kapitalistische Ordnung genommen werden?

In diesem Buch wird diese These widerlegt und – mit Bezugnahmen u.a. auf die Theorien der Frankfurter Schule sowie auf Gramscis Begriff der "passiven Revolution" – der Frage nachgegangen: Welche Widersprüche entwickeln sich im fordistischen, keynesianischen oder sozialstaatlich regulierten Kapitalismus? Was ist der Hintergrund für die Herausbildung des neoliberalen Primats der kapitalistischen Konkurrenz und der damit verbundenen Selbstzerstörung dieses Typus der kapitalistischen Marktgesellschaft?

Die Rückkehr zur Marktsteuerung erscheint nicht nur den politischen Eliten in den hochentwickelten Ländern, sondern auch großen Teilen der Bevölkerung als unverzichtbar, obwohl der Entwicklungsabschnitt, der dadurch zurückgenommen und zerstört wird, auf der gesellschaftlichen Steuerung der kapitalistischen Ökonomie basierte. Die Gesellschaft wird erneut dem Wettbewerb des Kapitals ausgesetzt: Lässt sich dieser Prozess der Selbstzerstörung stoppen und was wäre – im nationalen, europäischen und globalen Rahmen – die gesellschaftliche Alternative?