Stellvertretende GEW-Landesvorsitzende Gele Neubäcker am 5.11.2003 in Aschaffenburg
Stoibers origineller Reform-Schub: Weniger Förderung, mehr Auslese
Auf Einladung der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) Aschaffenburg-Miltenberg sprach die stellvertretende Landesvorsitzende Gele Neubäcker im DGB-Haus an der Kerschensteinerstraße zu aktuellen Entwicklungen in der "Bayerischen Bildungslandschaft" und bezog sich unter anderem auf Vorabinformationen zu der Regierungserklärung, die am Donnerstag dann erfolgte:
Billiger - schneller - effektiver! Unter diesem wohlfeilen Motto verkauft Stoiber derzeit die Einschnitte im Bildungswesen. Bei näherer Betrachtung wird allerdings deutlich: Das Recht des wirtschaftlich Stärkeren ist und bleibt Ausgangspunkt, Maßstab und Ziel der Stoiber´schen Bildungs-"Reformen".
Schon das Kindertagesstätten-Finanzierungsmodell sieht sprachliche Förderung und musikalische Erziehung primär für die Kinder vor, deren Eltern ausreichend Stunden für ihre Kinder im Kindergarten buchen und bezahlen können.
Anschließend gilt die Forderung: Früher in die
Schule und früher in den Beruf, um 45 Jahre für die Altersversorgung arbeiten
zu können!
Kann dies das Leitmotiv für Bildungsplanung sein? Die stellvertretende
GEW-Landesvorsitzende Gele Neubäcker gibt zu bedenken: "Es liegt auf der
Hand, welche Bildungsinhalte auf der Strecke bleiben werden: Was von den
,Abnehmern´, also der Wirtschaft, nicht erwartet wird, wird höchstens noch ein
Schattendasein an den Schulen fristen."
Die GEW, so Neubäcker, wendet sich nicht grundsätzlich gegen eine frühe Einschulung. Voraussetzung ist jedoch ein neues Konzept der Kooperation von Kindergarten und Grundschule und eine veränderte Schuleingangsphase, die allen Kindern Lernmöglichkeiten entsprechend ihrem Entwicklungsstand bietet. "Dies ist allerdings nicht kostenneutral zu verwirklichen".
Studiengebühren, Verkürzung des Gymnasiums auf 8 Jahre, Noten bereits wieder ab der 2. Klasse, doppelte Erhöhung der Arbeitszeit von Lehrerinnen und Lehrern, indem die Arbeitszeit generell erhöht werden soll und die Nachmittagspräsenz ohne Unterricht eingeführt werden soll - dies alles sind für die GEW unreflektierte populistische Aktionen zu Lasten von Kindern und Jugendlichen, Studierenden und besonders von Lehrerinnen und Lehrern.
Neubäcker: "Die von Stoiber angekündigten Schritte stehen im Widerspruch zum Versprechen, Bildung genieße Priorität. Die nach PISA gewonnenen Erkenntnisse, in welche Richtung auch wir in Bayern Verbesserungen voran bringen müssen, werden so auf den Kopf gestellt."