An die Medien
Bessenbach, den 16.01.04
Zur Protestveranstaltung gegen die Kürzungen der
Bayerischen Staatsregierung auf dem öffentlichen Bildungssektor und gegen
Schulzeitverkürzung am Gymnasium
Aschaffenburg, Schlossplatz
Als Begründung für die Kürzungsvorschläge der
Staatsregierung führt die Bayerische Staatsregierung in einem Brief an
Lehrerverbände und die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) den
"bundesweit deutlichen Rückgang der Steuereinnahmen an".
Dazu stellte Reinhard Frankl, Geschäftsführer der GEW Unterfranken und
Mitglied des Vorstandes der DGB-Region Bayerischer Untermain fest:
"Es trifft zu, dass die Steuereinnahmen bundesweit deutlich zurückgegangen
sind. Nicht zuletzt durch Steuergeschenke für Unternehmen und Spitzenverdiener.
Über 50 Milliarden Euro betragen die staatlichen Mindereinnahmen der Jahre 2001
und 2002 deswegen gegenüber 2000.
Die privaten Netto- Gewinn- und Vermögenseinkommen stiegen als Folge davon von
1991 bis 2002 um 50 %, davon allein in den letzten beiden Jahren um 20 %
(während die realen Netto-Löhne 2002 niedriger liegen als 1991)."
"Es gibt genügend Geld und Kapital in Deutschland", so zitierte er
Werner Schmidt, den Vorstands-Vorsitzenden der bayerischen Landesbank
(Handelsblatt am 13.10.2003). Reinhard Frankl: "So sehe ich das auch."
Der private Reichtum steige, der Staat werde immer ärmer. Dies sei aber kein
naturgesetzlicher Vorgang, sondern das Resultat einer Politik, wie sie sowohl
von der Bundesregierung als auch von der Opposition, also auch der CSU,
betrieben werde. Jüngstes Beispiel sei die Senkung des Spitzensteuersatzes auf
nunmehr 45 %.
Die GEW fordert die Einnahmenseite zu verbessern, statt bei der Bildung, bei der
Gesundheit oder weiteren öffentlichen Diensten zu kürzen.
Staatliche Mehreinnahmen wären möglich u.a. durch die Wiedereinführung der
Vermögenssteuer, durch eine Erhöhung der Erbschaftssteuer und eine Besteuerung
von Unternehmen zumindest auf internationalem Durchschnittsniveau.
Zur Kürzung der Anrechnungsstunden und zur globalen Kürzung der Mittel für Aushilfsangestellte und unterhälftig Teilzeitbeschäftigte in allen Schularten um 10 %:
In den letzten Jahren wurde die
Unterrichtsverpflichtung der Lehrkräfte (außer an den Hauptschulen) um eine
Stunde erhöht, ein Arbeitszeitkonto eingeführt, die Altersermäßigung
gekürzt, Möglichkeiten zur Altersteilzeit eingeschränkt, die
Antragsaltersgrenze heraufgesetzt usw. Frankl: "Insgesamt wurde also die
Arbeitsbelastung von Lehrkräften drastisch erhöht."
Mit den geplanten Maßnahmen werde dieser Kurs fortgesetzt mit absehbaren
negativen Auswirkungen auf die Gesundheit der Lehrkräfte und die Qualität des
Unterrichts.
Zur Streichung der Lehrmittelfreiheit an öffentlichen und privaten Schulen:
"Ergebnisse der PISA-Studie haben gezeigt,
dass in Bayern der Zusammenhang zwischen sozialer Herkunft und Schulbesuch
besonders eng ist." analysierte Frankl. Ein Kind aus der obersten sozialen
Schicht habe in Bayern eine über 10-mal höhere Chance, ein Gymnasium zu
besuchen als das Kind aus einer Facharbeiterfamilie, was eine eklatante
Ungerechtigkeit bedeutete.
Diese Tatsache werde auch von der Kultusministerin eingeräumt. Statt aber
dagegen anzugehen, d.h. für größere Chancengleichheit zu sorgen, geschähe
durch die Abschaffung der Lernmittelfreiheit das Gegenteil. Vor allem jetzt
schon gravierend benachteiligte Kinder und Eltern hätten darunter zu leiden.
Zusammenfassend stellte Frankl fest: "Studiengebühren, Verkürzung des Gymnasiums auf 8 Jahre, Noten bereits wieder ab der 2. Klasse, doppelte Erhöhung der Arbeitszeit von Lehrerinnen und Lehrern, indem die Arbeitszeit generell erhöht werden soll und die Nachmittagspräsenz ohne Unterricht eingeführt werden soll - dies alles sind für die GEW unreflektierte populistische Aktionen zulasten von Kindern und Jugendlichen, Studierenden und besonders von Lehrerinnen und Lehrern."
Frankl berichtet, dass die in der Bildung Beschäftigten, die Eltern, Studierenden und Schüler das nicht länger hin nehmen wollen. "Wir sind viele, an vielen Orten und wir machen weiter!" Die Protestveranstaltungen würden sehr wohl wahrgenommen, wie die jüngsten Reaktionen in München und die Unruhe in der CSU-Fraktion zeigten. Kolleginnen und Kollegen sollten Sie sich nicht durch Maulkörbe einschüchtern lassen. Wer eine Zweidrittelmehrheit habe und Maulkörbe verhänge, der verdeutliche nicht nur den Mangel an Demokratie in unseren Schulen, er müsse schon genau wissen, welche Kraft ein breites Bündnis hat! Er müsse zittern davor, dass alle Aktionen zusammenlaufen in einen gemeinsame, machtvolle Bewegung. Eine zentrale Demonstration dieser Bewegung sollte spätestens Mitte bis Ende März stattfinden. Die GEW Bayern habe bereits die anderen Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes als Bündnispartner gewonnen. Wie dieser weitere Weg des Widersandes gemeinsam von hier aus gegangen werden kann, soll auch Gegenstand eines runden Tisches am nächsten Donnerstag um 18:00 Uhr im DGB-Haus an der Kerschensteinerstraße sein, wohin Vertreter des BLLV, der GEW und der KEG alle Mitglieder eines Personalrates, eines Lehrerverbandes, einer MAV, eines Betriebsrates, eines Elternbeirates oder einer Schülervertretung eingeladen haben. Frankl: "Der Widerstand der Beschäftigten des Bildungsbereichs, von SchülerInnen, Eltern und Studierenden, sollte sich auch mehr und mehr vernetzen mit dem Protest gegen den Sozialkahlschlag der großen Koalition aus rotgrüner Bundesregierung und bürgerlicher Opposition."
Mit freundlichen Grüßen
Reinhard Frankl