»Lehrer sind durch ihren Amtseid dazu verpflichtet, das zu tun, was ihnen von ihrem Vorgesetzten aufgetragen ist«, grenzte Röhling die Freiheiten der Beamten klar ein. Grundsätzlich sei es so, dass das Kultusministerium als ausführende Behörde die Politik der Staatsregierung umzusetzen habe, begründete Röhling die Materialflut, mit denen das Ministerium die Schulen in Unterfranken in den zurückliegenden Wochen versorgt hat.
Gegenmeinungen nicht darstellen
Dabei müssten andere Auffassungen, wie etwa die des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbandes (BLLV), nicht dargestellt werden. Wer die Mehrheit habe, so Röhling, der bestimme auch die Politik.
Eine 24-seitige Farbbroschüre erklärt die »Bildungsoffensive Bayern« der Staatsregierung. In den Klassenzimmern soll ein Poster für die »neue Hauptschule« werben, das Schüler und Schülerinnen mit einem Preisrätsel lockt. Eltern werden dabei nicht gefragt, ob ihre Kinder an dem Preisrätsel teilnehmen dürfen.
Damit nicht genug: Als ob Geld keine Rolle spielen würde, wurde eigens für die Werbekampagne der Staatsregierung eine aufwendig gemachte CD-ROM an die Schulen verschickt, um im Unterricht und bei Elternabenden auf die Vorzüge der staatlichen Schulreform aufmerksam zu machen. In einem zwölfseitigen »Newsletter« werden den Lehrern die Vorteile der staatlichen Schulreform noch einmal nahe gebracht.
Keine Werbung durch Verbände
Was die Staatsregierung darf, nämlich in den Schulen für ihre politischen Vorstellungen werben, ist den Lehrerverbänden nach Meinung des Leiters der Schulabteilung dagegen untersagt. Röhling: »Innerhalb der Schulen dürfen Verbände weder für ihre Vorstellungen werben, noch politische Agitation machen.« Allenfalls in einzelnen Fächern wie etwa dem Sozialkundeunterricht könnten Lehrer auch Gegenpositionen zur Politik der Staatsregierung sachlich darstellen.
Der BLLV-Bezirksverband zeigte sich unterdessen erstaunt über die »klaren Worte« Röhlings. »Mir sind keine Vorfälle in Unterfranken bekannt, in denen ein Lehrer gegen seine Pflichten als Beamter verstoßen hat«, sagte BLLV-Vorsitzender Walther Roth.
Erst Ende vergangener Woche hatte die Regierung von Unterfranken an alle Grund-, Haupt- und Förderschulen ein Schreiben geschickt und die Lehrer an ihre Neutralitätspflicht nach dem Bayerischen Erziehungs- und Unterrichtsgesetz erinnert.
»Wir werden uns an das Neutralitätsgebot halten«, sagte Roth, »und für unsere Anliegen nur vor den Schulen werben.« Zugleich richtete Roth schwere Vorwürfe an den Realschullehrerverband, der nach Informationen des BLLV an die Schulleitungen schreibe und für die Reform der Staatsregierung werbe. »Das ist ein klarer Verstoß gegen die Neutralitätspflicht.«
Verwundert über die Ausführungen Röhlings hat sich unterdessen auch der bayerische Landesvorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaften (GEW), Georg Wiesmaier, gezeigt. Er verwies auf das grundgesetzlich garantierte Informationsrecht der an den Schulen vertretenen Verbände und Gewerkschaften, das etwa die Verteilung von berufsbezogenen Informationen garantiere. »Seit dem 1. Januar braucht für einen Aushang auch nicht mehr die Schulleitung gefragt werden«, sagte Wiesmaier.
GEW: Informationen nicht verbieten
Auch der Leiter der Schulabteilung bei der Regierung von Unterfranken könne den Lehrern nicht verbieten, ihnen zustehende Rechte wahrzunehmen. Deshalb werde auch das Informationsmaterial des Volksbegehrens »Die bessere Schulreform« an den Schulen ausgegeben. Im Unterschied zur Staatsregierung würden die Unterstützerorganisationen des Volksbegehrens aber nicht die »Kinder und Jugendlichen an den Schulen für ihre Interessen instrumentalisieren«, so Wiesmaier. »Wir wenden uns ausschließlich an die Kollegen und Eltern.«gufri