MAIN-POST 20.5.1999 |
GEW will auch künftig eigenständig bleibenWÜRZBURG (KBN) · Die Entscheidung für die Selbständigkeit fiel auf dem Würzburger Gewerkschaftstag nur mit knapper Mehrheit. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) bleibt eigenständige Mitgliedsgewerkschaft im Deutschen Gewerkschaftsbund. Diesen Beschluß faßte der außerordentliche Gewerkschaftstag gestern in Würzburg mit knapper Mehrheit.Gut 40 Prozent der Delegierten hatten sich für eine Fusion mit der Deutschen Angestellten Gewerkschaft (DAG) und den anderen Diensteistungsgewerkschaften des DGB ausgesprochen. GEW-Vorsitzende Eva Maria Stange sprach von einer überraschend knappen Abstimmung, wertet das Ergebnis aber als Zeichen für den radikalen Veränderungswillen in der GEW. Der ÖTV-Vorsitzende Herbert Mai und der IG-Medien-Vorsitzende Detlef Hensche hatten zuvor in Würzburg noch einmal für die Fusion geworben und die Absicht der GEW bedauert, aus den gemeinsamen Gesprächen zur Neuordnung der Gewerkschaftslandschaft im Bereich des öffentlichen Dienstes auszusteigen. Die Tür für die Rückkehr stehe aber weiterhin offen, hatte Mai erklärt. Auch die GEW-Vorsitzende Stange sieht in der entstehenden Konkurrenzsituation kein Hindernis für Kooperationen. Gegen die neue große fusionierte Dienstleistungsgewerkschaft mit rund drei Millionen Mitgliedern steht die GEW mit etwa 300 000 Mitgliedern. Stange kündigte einen radikalen Schnitt für die GEW an. "Wir müssen weg vom Lehrervereins-Image hin zur Bildungsgewerkschaft", sagte Stange gestern. Das bedeute viel Arbeit bei der Mitgliedergewinnung und Mitgliederbindung. Die GEW habe die Kompetenz, allen Bildungsberufen eine Heimat zu geben. Die Organisationsstrukturen dafür müssen laut Stange vor allem in den westlichen Bundesländern aber erst geschaffen werden. Der Hauptvorstand wurde in Würzburg beauftragt, ein bildungspolitisches Programm und ein tarifpolitisches Konzept zu entwickeln. Damit soll die gewerkschaftliche Interessenvertretung vor allem im nichtschulischen Bereich verbessert werden. Noch stellen die Lehrer mit etwa 70 Prozent der GEW-Mitglieder die organisationspolitische Mehrheit. Die Verzahnung der Bildungsbereiche gehe aber mittlerweile soweit, daß eine einseitige Interessenvertretung für eine Beschäftigtengruppe in den kommenden Jahren an die Grenzen der Akzeptanz stoßen werde, sagte Stange. Der Gewerkschaftstag gab auch ein GEW-Konzept zur Bildungsfinanzierung in Auftrag. Die Richtung für dieses Konzept wurde in Würzburg bereits festgelegt. Integration und Förderung mit entsprechender finanzieller Ausstattung sollen für Chancengleichheit sorgen. Mehr Geld für die Bildung soll vor allem durch eine erheblich andere Besteuerung lockergemacht werden. Eine klare Absage erteilte der Gewerkschaftstag allen Bestrebungen zur Einführung von Schulgeld und Studiengebühren. Auslöser der Debatte war eine Empfehlung eines Sachverständigenrates der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung, in dem eine größere Eigenbeteiligung der Eltern an den Bildungskosten in der Oberstufe des Gymnasiums und beim Studium verlangt worden war. Diese Vorschläge seien nicht geeignet, "die Probleme einer sozial gerechteren Bildungsfinanzierung zu lösen", hieß es. Zum Auftakt des Gewerkschaftstages forderten die Delegierten in einer Resolution die sofortige Beendigung der Nato-Bombardierungen in Jugoslawien. In der Resolution werden die serbische Politik des Terrors und der Vertreibung sowie die Nato-Intervention gleichermaßen verurteilt. Die GEW verlangt eine wirksame Soforthilfe der Bundesregierung für die von Krieg und Vertreibung Betroffenen, und die unbürokratische Aufnahme von mehr Flüchtlingen und Deserteuren aus der serbischen Armee. |