Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft
Kreisverband Würzburg
Würzburg, 2009-05-21
Berufliche Oberschulen aufwerten und besser
ausstatten
GEW-Würzburg im Gespräch mit FOS-BOS-Personalräten und Mitgliedern des
Bildungsausschusses
Die Fach- und Berufsoberschulen (FOS-BOS) in Bayern ermöglichen in jedem Jahr ca. 20.000 Schülerinnen und Schülern drei Bildungsabschlüsse mit (Fach-) Hochschulzugangsberechtigung. „Dennoch sind die beruflichen Oberschulen hinsichtlich der Personalausstattung und der Arbeitsbelastung die Aschenputtel des Bildungswesens,“ sagt der FOS-BOS Personalrat und Würzburger GEW-Kreisvorsitzende Walter Feineis. Der Kreisverband Würzburg der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) lud die unterfränkischen Mitglieder des Bildungsausschusses des Bayerischen Landtages zu einem Gespräch mit Personalratsmitgliedern bayerischer beruflicher Oberschulen ein. Karin Pranghofer (SPD), Simone Tolle (B90/Die Grünen) und Manfred Ländner (CSU) hörten die Erfahrungsberichte aus Aschaffenburg, Neu-Ulm, Nürnberg, Marktheidenfeld, Würzburg und Schweinfurt an. Diese wurden ergänzt durch die Einschätzung des Hauptpersonalratsmitgliedes Wolfgang Lambl.
„An keiner Schulart in Bayern fällt so viel Unterricht aus, wie an den beruflichen Oberschulen,“ berichtet Feineis. In einigen Schulen sind es bis zu 100 Stunden wöchentlich. Ganze Fächer wie Sport und Wirtschaftsinformatik werden nicht unterrichtet. Die Staatsregierung habe versäumt, auf die steigenden Anmeldezahlen an den FOS-BOS mit attraktiven Angeboten eine angemessene Zahl von Lehrkräften anzuwerben. Jetzt sei der Markt leergefegt und sogar einzelne Lehrkräfte begäben sich auf die Suche nach neuen Kollegen in den Mangelfächern.
Völlig inakzeptabel sei die Situation angestellter Lehrkräfte. Sie müssten jedes Jahr um die Weiterbeschäftigung bangen. Ihre Qualifikation werde gerne in Anspruch genommen, wenn es um Unterricht und Korrekturen ginge, so der Tenor aus allen Schulen. Aber wenn es um Planungssicherheit und gerechte Bezahlung ginge, seien sie die Schlusslichter.
„Eine FOS-BOS-Lehrkraft muss jedes Jahr Abitur-Abschlussprüfungen mit hohem Korrekturaufwand abnehmen, jedes Jahr bis zu 100 Abiturarbeiten korrigieren. Das ist einmalig in Bayern,“ sagt ein Personalratsmitglied aus Nordbayern, dem alle zustimmen. Dazu komme die Erfüllung des Bildungsauftrages, die aufgrund des Zeitdrucks nicht gelingen könne. Besonders Jugendliche aus Hauptschulen oder mit Migrationshintergrund stehen unter ungeheurem Druck, den Anschluss an Schüler aus Gymnasien, Real- und Wirtschaftsschulen zu finden. „Wir brauchen Lehrkräfte, kleine Klassen und Zeit für differenzierte Fördermaßnahmen,“ so der Tenor. Dazu käme noch eine überbordende Verwaltungsbürokratie. Viele gerade engagierte Lehrkräfte sind deshalb tief frustriert.
Manfred Ländner möchte die Lösung der Probleme
nicht im Bildungssystem suchen, sondern in der Lehrerbildung, die er sich
weniger abschreckend und besser bezahlt vorstellt, sowie im Ausbau des Rechtes
und der Pflichten von Eltern. Simone Tolle macht sich für die Gleichstellung
des beruflichen Weges zum Abitur mit dem gymnasialen stark. Karin Pranghofer
hält eine Nachbesserung im Budget für die Lehrerversorgung für notwendig und
fordert die Kollegien an den FOS-BOS auf, in Protesten und Petitionen die
Verbesserung ihrer Rahmenbedingungen zu fordern. Alle anwesenden Mitglieder des
Bildungsausschusses sehen Handlungsbedarf bei der Arbeitsbelastung und
hinsichtlich der Förderung Benachteiligter.
Mit freundlichen Grüßen
Jörg Nellen
Pressereferent GEW Unterfranken