Mitteilung an die Medien, 23.02.2008

„Ein Fernsehgerät gehört nicht ins Kinderzimmer“

Folgen bei Kindern durch übermäßigen Fernsehkonsum messbar

Auf Einladung der GEW Aschaffenburg-Miltenberg, des Vereins Schule und Erziehung Aschaffenburg e.V. und der KAB Betriebsseelsorge Aschaffenburg referierte Harald Frankenberger, Medienpädagogisch-Informationstechnischer Berater (MIB) des Landkreises Miltenberg, zum Thema "Medienwelten im Kinderzimmer - Auswirkungen auf Erziehung und Unterricht". Dabei zeigte er den zahlreichen Zuhörern im Martinushaus anhand verschiedener aktueller Studien auf, welche Folgen bei Kindern durch übermäßigen Fernsehkonsum messbar sind. So wurde bei einer Untersuchung von 6000 Kindern nachgewiesen, dass die Lesefähigkeit von „Vielsehern“ im Vergleich zu „Wenigsehern“ im ersten Schuljahr deutlich schlechter war und sich dazu der Abstand in der Lesekompetenz im Verlauf der nächsten Schuljahre zunehmend vergrößerte. Insgesamt unterscheiden sich die schulischen Leistungen von Kindern mit ausgedehntem und solchen mit nur geringem Fernsehkonsum in allen Schulfächern um etwa eine halbe Note.

Neben diesen Unterschieden in der schulischen Entwicklung von Kindern, die eindeutig mit ihrem Fernsehverhalten in Verbindung stehen, wurden außerdem ihre Verhaltensweisen wie z.B. die Fähigkeit, in Gruppen zusammenzuarbeiten, die Gewaltbereitschaft, aber auch körperliche Entwicklungen wie Fettleibigkeit oder die Ausprägung zum Rauchen im Zusammenhang mit dem Fernsehen untersucht „Die Studien zeigen dass der harte Satz ‚Fernsehen macht dumm, dick, einsam, ungesund und gewalttätig’ für Kinder, die sehr viel fernsehen, leider zutrifft“, so Frankenberger.

Sehr auffallend ist für ihn die Entwicklung des durchschnittlichen Fernsehkonsums in Deutschland. Dieser hat sich innerhalb von 25 Jahren verdoppelt, wobei die Verkabelung der Haushalte mit einer Vielzahl von Privatprogrammen sofort einen sprunghaften Anstieg nach sich zog. Genauso wie gesamtgesellschaftlich die Bereitstellung der technischen Möglichkeiten von der Bevölkerung sehr rasch intensiv genutzt wurde, genauso fordert ein eigener Fernseher im Zimmer Kinder zum andauernden Konsum auf. Dabei muss nach Frankenbergers Überzeugung für alle Eltern gelten „Ein Fernsehgerät gehört nicht ins Kinderzimmer“. Eine bewusste Erziehung verlange von den Eltern jedoch zum einen festen Durchsetzungswillen und Konsequenz bei der Einschränkung der Fernsehzeit und der kritischen Auswahl von geeigneten Sendungen, zum anderen müssten sich die Eltern dann aber auch gemeinsam mit den Kindern um attraktive Alternativen zum Fernsehen bemühen.

Als einen wichtigen Schritt außerhalb des Elternhauses bietet Frankenberger unter dem Titel „Vom Leichtmatrosen zum Medienlotsen“ ein Projekt an, in dem er  bereits zahlreiche Grundschüler an Schulen im Landkreis Miltenberg zu einem bewussten und deutlich reduzierten Medienumgang führen konnte. Interessierte können sich zur Planung eines solchen Projekts an einer Grundschule oder in einem Kindergarten per Email unter mib@harald-frankenberger.de Informationen einholen.

In der anschließenden Diskussion wurde von einigen Zuhörern eine stärkere Wahrnehmung der staatlichen Verantwortung durch das Verbot von gewalttätigen Kinder- und Jugendsendungen, vor allem in Programmen der privaten Sender, gefordert. Für den GEW-Kreisvorsitzenden Reinhard Frankl stellt in diesem Zusammenhang die Gemeinnützigkeit des Hauses Bertelsmann, welches Haupteigentümer zahlreicher Privatsender ist, eine unerträgliche steuerliche Bevorzugung dar. „Die dem Bertelsmann-Medienriesen gewährten Steuergeschenke fehlen dafür im Bildungshaushalt“, kritisierte Frankl.

Martin Hahn
Pressebeauftragter der GEW AB-MIL