GEW Unterfranken fordert:
Übertrittszeugnis abschaffen!
"Es ist ein Irrglaube, dass
Schüler in drei Begabungstypen aufgeteilt werden können!" Mit
diesen Worten wendet sich Monika Hartl, unterfränkische Vorsitzende
der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), gegen jüngste
Äußerungen von Bayerns Kultusminister Siegfried Schneider in Bezug
auf das Übertrittszeugnis.
Schneider rechtfertigte kürzlich das
Übertrittszeugnis mit dem Hinweis darauf, dass bayerische
Schülerinnen und Schüler im dreigliedrigen Schulsystem
entsprechend ihrer Begabungen gefördert werden. Das
Übertrittszeugnis soll hierzu die Weichen stellen. Dieser
Auffassung widerspricht die GEW Unterfranken entschieden. Laut Hartl
können Kinder und Jugendliche nicht aufgeteilt werden in praktische
Hauptschüler, kaufmännisch begabte Realschüler und kognitiv
talentierte Gymnasiasten.
Der GEW zufolge verschärft das Übertrittszeugnis die
Chancenungleichheit im bayerischen Schulsystem. Kinder aus
wohlhabenden Elternhäusern erhielten teuren Nachhilfeunterricht und
würden in Instituten für Teilleistungsstörungen gefördert, damit
sie eine gute Übertrittsempfehlung erhalten. Kinder aus
bildungsfernen Schichten hätten diese Chance nicht. Es gehe nicht
an, dass weiterhin ein Kind, dessen Eltern Beamte sind, eine 6,5
fach höhere Chance habe aufs Gymnasium zu kommen, als ein Kind aus
einem Arbeiterhaushalt.
Grundsätzlich falsch ist nach Ansicht der unterfränkischen
GEW-Vorsitzenden die Meinung, am Ende der vierten Grundschulklassen
könnten zuverlässige Prognosen über die schulische Laufbahn von
Kindern gestellt werden. Auch hiermit widerspricht Hartl dem
bayerischen Kultusminister, der das Übertrittszeugnis für eine
"wertvolle Entscheidungshilfe" für Eltern hält. Der GEW
Unterfranken zufolge zeigten inzwischen mehrere Studien die
Unhaltbarkeit dieser Ansicht.
Hartl verweist unter anderem auf den Bildungsforscher Dr. Ulrich
Trautwein vom Max-Planck-Institut für Bildungsforschung (MPIB) in
Berlin. Trautwein untersuchte, wovon eine Empfehlung fürs Gymnasium
abhängt. Er kam zu dem Ergebnis, dass Übertrittsempfehlungen stark
davon abhängen, ob die betreffenden Schüler zuvor in einer
leistungsstarken oder einer leistungsschwachen Klasse waren. Lehrer,
so Trautweins Fazit, legten keine objektiven Standards bei der
Notenvergabe an. Eine Lösung des Dilemmas sieht Trautmann ebenso
wie die GEW in der Abschaffung der Dreigliedrigkeit.
Monika Hartl. Vorsitzende der
Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, Bezirksverband
Unterfranken.Eisertstraße 16. 63773 Goldbach. Tel. 06021 55867
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