Schulvergleiche sagen nichts aus
Aschaffenburg. Zum Artikel vom 16. Dezember »Hitliste der Schulen« - Kultusministerium veröffentlicht Testsieger-Liste:
Da ist sie also: Rechtzeitig zum Weihnachtsfest veröffentlicht das Kultusministerium seine Liste der »Besten des Jahres«. Neben den bestdotierten Börsenunternehmen, den besten Sterne-Restaurants und den bestverkauften Schallplatten Deutschlands kennen wir jetzt (angeblich) auch die besten Schulen Bayerns - zumindest jedenfalls die besten bei den landesweit einheitlich durchgeführten Vergleichstests.
Da haben es doch tatsächlich einige Schulen aus Stadt und Kreis Aschaffenburg geschafft, recht weit vorne zu landen. Gibt es da jetzt eine Weihnachtsgratifikation? Fallen die Geschenke für die Schüler der nicht platzierten Schulen in diesem Jahr dafür etwas kleiner aus?
In jedem Fall werden die Jahrgangsstufentests - ursprünglich propagiert als Diagnoseinstrument zur Feststellung des Förderbedarfs der einzelnen Schüler - jetzt schamlos dafür missbraucht, Schulen in eine fragwürdige Konkurrenz zueinander zu hetzen. Welche Aussagekraft haben solche Vergleichsarbeiten eigentlich? Angesichts der Tatsache, das manche Schulen - entgegen aller Vorgaben - gezielt auf diese Tests hin trainiert haben wohl eher eine geringe.
Wem bringen solche Schulvergleiche und Rankings eigentlich etwas? Unter Umständen bringen sie einem »stolzen« Realschuldirektor im Landkreis ein paar schlaflose Nächte angesichts der Frage, in welchen Containern und Außenstellen er die vielen Schüler unterbringen wird, die ihm demnächst die Schultüre einrennen werden. Sie bringen im Nachhinein immer noch viel Unmut und Ärger unter den Lehrkräften, die viel wertvolle Lernzeit vergeudet sehen für die aufwändige und bürokratische Durchführung und Auswertung. Und sie bringen mit Sicherheit große Verunsicherung bei den Eltern, die sich vielleicht jetzt fragen, ob ihr Kind wohl an der »richtigen« Schule sitzt.
Dem einzelnen Schüler bringt diese Hitliste gar nichts. Für ihn bleibt unberücksichtigt, ob er in einer Klasse mit 20 oder 34 Mitschülern zu seinen Lernergebnissen gekommen ist. Es wurde nicht berücksichtigt, ob er in einer personell und finanziell besser oder schlechter ausgestatteten Schule lernen musste. Erst reicht kein Thema war sein sozialer und ökonomischer Hintergrund.
Gänzlich unberücksichtigt blieb leider das Entscheidendste - sein ganz persönlicher und individueller Lernfortschritt. Erst daran misst sich unserer Meinung nach Qualität von Bildung. Das Motto »Konkurrenz belebt das Geschäft« mag für Waschmittelhersteller und ihre Schaum schlagenden Produkte gelten, aber nicht für Einrichtungen, in denen Menschen im Sinne des Gemeinwesens herangebildet werden sollen.
Aber vielleicht haben ja diejenigen, die leider nur auf den hinteren Plätzen gelandet sind Glück und das Christkind legt in diesem Jahr ein paar zusätzliche Förderstunden unter den Weihnachtsbaum.
Isabella Zang
GEW Aschaffenburg-Miltenberg
Volkersbrunner Weg 13
Heimbuchenthal
Die Testergebnisse helfen nicht weiter
Aschaffenburg. Ausgabe 16. Dezember: »Hitliste der Schulen« - Kultusministerium veröffentlicht Testsieger-Liste, sowie Ausgabe 20. Dezember: »GEW kritisiert Ranglisten«:
Die Kritik am begonnenen Schulen-Ranking ist berechtigt, denn die denunziatorische Veröffentlichung von Testergebnissen der Schulen hilft weder Schülern noch Lehrern oder Eltern in irgendeiner Form weiter.
Im Hintergrund steht wieder einmal unausgesprochen die völlig ungerechtfertigte Erwartung, jedem Schüler lasse sich alles beibringen, wenn nur die Qualität des Unterrichts stimme. Die vielfältigen Bedingungsfaktoren der Testergebnisse aber werden von höherer Stelle nicht ausreichend gewürdigt.
Ein Verdacht drängt sich auf: Die
Verantwortlichen versuchen einmal mehr, eigene Inkompetenz und die Auswirkung
der Sparpolitik durch blinden Aktionismus und oberflächliche Publicity zu
überdecken.
Rainer Schramm
Heckenweg 7
63743 Aschaffenburg
Erscheinungsdatum: 23.12.2005
Der GEW beitreten oder bayerisches Schulwesen aufräumen?
Leserbrief. Zum Artikel vom 16. Dezember: »Hitliste der Schulen« - Kultusministerium veröffentlicht Testsieger-Liste; dazu Ausgabe 23. Dezember: »Schulvergleiche sagen nichts aus« (Leserbrief von Isabella Zang).
Um es vorweg zu nehmen: Ich bin alles andere als ein Freund der GEW, aber wo die GEW Recht hat, hat sie Recht. Frau Zang spricht mir mit ihren Äußerungen aus dem Herzen. Es soll ja sogar Schulen geben, die - um im Ranking möglichst weit vorne zu landen - an den Tests nur gute Schüler teilnehmen lassen.
Beim Lesen der Zeilen kommt mir Franz-Josef Strauß in den Sinn, der gegen Ende seiner Amtszeit sinngemäß Folgendes gesagt hat: »Es wird Zeit, dass wir bürokratischen Ballast von den Schulen nehmen, damit diese ihren eigentlichen Aufgaben, nämlich Erziehung und Bildung, in möglichst großer Eigenverantwortung gerecht werden können.«
Was ist passiert? Eine genau gegenläufige Entwicklung hemmt uns, dies zu tun.
Mir stellt sich die Frage: Was würde Franz-Josef Strauß, wäre er noch im Amt, angesichts der Entwicklungen im bayerischen Schulwesen tun - der GEW beitreten oder aufräumen?
Karl Walther Roth
Rektor der Volksschule Waldaschaff
Erscheinungsdatum: 28.12.2005