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Würzburg.
Jeder zehnte Schüler in Bayern verlässt derzeit die Schule ohne
Hauptschulabschluss. In Unterfranken wird diese Zahl in mehreren Städten
sogar übertroffen. Das berichtete Albrecht Sylla, unterfränkischer
Vorsitzender der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) bei einer
GEW-Mitgliederversammlung in Würzburg.
In Aschaffenburg zum Beispiel hätten 13,6 Prozent der Jugendlichen keinen Abschluss in der Tasche, wenn sie aus der Schule kommen. Gleichzeitig, so Sylla, liege die Übertrittsquote an das Gymnasium in Unterfranken zum Teil deutlich unter dem bayerischen Durchschnitt von 34 Prozent. In Aschaffenburg seien es nicht einmal 32 Prozent der Schülerinnen und Schüler, die den Sprung auf das Gymnasium schaffen. In Miltenberg liege die Quote bei lediglich 27,6 Prozent. Eine hohe Übertrittsquote weist laut Sylla hingegen die Stadt Würzburg auf, hier wechseln mehr als 43 Prozent eines Jahrgangs auf das Gymnasium. Verwunderlich sei dies nicht, Würzburg gilt als Beamtenstadt mit hoher Akademikerquote. Am Beispiel Würzburg zeige sich, wie dramatisch im deutschen Schulsystem die Chancen eines Kindes mit der sozialen Herkunft und dem Bildungsniveau seiner Eltern zusammenhängen. Durch eine verfehlte Bildungspolitik, die auf Auslese statt Förderung basiere, bekämen immer mehr Hauptschulen im Freistaat den Charakter von Brennpunktschulen, sagte Schorsch Wiesmaier, der bayerische Vorsitzende der Gewerkschaft. In keinem anderen Land der OECD sei die Chancenungleichheit so groß wie in der Bundesrepublik. Nach finnischem Vorbild Die GEW will weiter für eine »Schule für alle« nach finnischem Vorbild kämpfen. Jedes Kind, so ihre Forderung, müsse möglichst gut und möglichst lange schulisch gefördert werden. Absurd sei es, guten Schülern, die in das Gymnasium gehen, 13 Schuljahre zuzugestehen, während Förder- und Hauptschüler mit neun Jahren auskommen müssten. Für die Idee »Schule für alle« startete die GEW Bayern vor wenigen Wochen eine Initiative. Erfreulich sei, so Wiesmaier, dass der Bayerische Elternverband als Partner gewonnen werden konnte. Auch die Landesschülervertretung Gymnasium werde die Initiative unterstützen. Von einer »Schule für alle« würden Förderschüler profitieren, meinte Sylla. Er ist Lehrer an einer Schule mit dem Förderschwerpunkt Lernen in Hösbach (Kreis Aschaffenburg). Die soziale Situation von Förderschülern habe sich zugespitzt, sie fänden auf dem ersten Arbeitsmarkt kaum eine Lehrstelle.Der größte Teil der Absolventen beginne nach der Schule einen Förderlehrgang bei einem Berufsbildungswerk. Im Anschluss daran erhalten einige Schüler eine überbetriebliche Ausbildung in einem Berufsbildungszentrum. Dies sei jedoch als Warteschleife anzusehen, denn selbst mit einer Fachwerkerausbildung bekomme kaum ein Förderschüler eine Stelle. Nicht viel besser als den Förderschülern gehe es den Hauptschülern, betonte der neu gewählte Würzburger GEW-Vorsitzende Rudolf Brandenstein. In der Klasse des Hauptschullehrers aus Ochsenfurt (Kreis Würzburg) fand heuer direkt nach der Schule nur ein einziger Schüler eine Lehrstelle. Eine Schülerin, die sich lange vergebens um einen Ausbildungsplatz als Friseurin bewarb, sagte dem Pädagogen: »Als Hauptschüler sind wir doch heute der letzte Dreck«. pat |