»In Köln weiß
man neuerdings etwas genauer Bescheid, was all die Freihandelsabkommen
von OECD, IWF oder WTO direkt vor Ort bedeuten. Die Kölner
Wasserversorgung sollte im Rahmen der Privatisierung an eine
Briefkastenfirma auf den Kaiman-Inseln verkauft werden.« Von derartigen
Auswüchsen der Globalisierung berichtete die Kölner Soziologin Maria
Mies am 13. Juni im Aschaffenburger Café Grenzenlos.
»Dem Kölner Stadtrat wurden die
Vertragsdetails vorenthalten mit dem Hinweis, ein derartiger privater
Kontrakt sei nicht öffentlich.«
Damit machte die Autorin anschaulich, was
Globalisierung nach dem Geschmack der Neoliberalen vor allem auf
kommunaler Ebene bedeuten kann. Die durch sinnlose Projekte wie
City-Entertainment oder Musikhallen hochverschuldeten Städte verkauften
zur Zeit ihr Tafelsilber. Privatisierung kommunaler Einrichtungen sei
aber eine der Säulen der derzeit ausgehandelten Freihandelsabkommen für
Dienstleistungen. Ein solches Abkommen (GATTS) soll in naher Zukunft in
Katar verabschiedet werden.
In der Veranstaltung, die DGB, Deutsche
Friedens-Gesellschaft/Vereinigte Kriegsdienstgegner und der Politische
Club Aschaffenburg organisiert hatten, berichtete die Soziologin aber
auch vom wachsenden internationalen Widerstand gegen die neoliberale
Globalisierung. Die Referentin hatte selbst im November 1999 zusammen
mit 50 000 anderen Menschen an den bekannten Protesten in Seattle
teilgenommen. Die bekannte Aktivistin konnte daher aus eigener
Anschauung die Gründe für den weltweiten Protest gegen die
Globalisierung darlegen.
Demnach werde der globale Freihandel
nicht aus engstirnigen, protektionistischen Gründen angegriffen,
sondern, weil er prinzipiell unvereinbar sei mit dem, was Menschen unter
Demokratie verstehen, und weil er die hart erkämpften Arbeiterrechte
und Sozialstandards unterminiert. Maria Mies: »Vor allem wollen die
Menschen die Kontrolle über ihre unmittelbaren Lebensbedingungen wieder
zurückgewinnen.«
Verhandlungen meist geheim
Für Maria Mies bildet sich dieser
Zusammenhang spiegelbildlich in einem Zitat von Pervy Barnevik ab, dem
Präsidenten der Asea-Brown-Boveri-Gruppe, eine der mächtigsten
Konzerngruppen der Welt: »Ich definiere Globalisierung als die Freiheit
unserer Firmengruppe, zu investieren, wo und wann sie will, zu
produzieren, was sie will, zu kaufen und zu verkaufen, wo sie will, und
alle Einschränkungen durch Arbeitsgesetze oder andere gesellschaftliche
Regulierungen so gering wie möglich zu halten.« Laut Mies wissen die
Menschen in Deutschland wenig über die ständig voranschreitenden
globalen Freihandelsverhandlungen. Das sei kein Zufall, da die
Verhandlungen meist weit ab von der Öffentlichkeit geführt würden und
einen nahezu geheimen Status hätten. »Wenn dann aber einmal
unvorhergesehen Öffentlichkeit hergestellt werden kann, dann sind diese
Abkommen auch oft nicht durchsetzbar!« In diesem Zusammenhang
berichtete Mies vom Scheitern des MAI-Abkommens (Multilaterales Abkommen
für Investitionen). Das 500-seitige Vertragswerk sei nur durch
Indiskretion über das Internet der Öffentlichkeit bekannt geworden.
Trotzdem wären die Abgeordneten auf der Grundlage eines
anderthalb-seitigen Papiers bereit gewesen diesem Vertrag zuzustimmen:
»Erst als die Details dieses Vertrags bekannt wurden«, den Maria Mies
als »Lizenz zum Plündern« bezeichnet, »war die gewünschte
diskussionslose Annahme des Vertrages politisch nicht mehr durchsetzbar.«
Maria Mies sieht in dem Desinteresse der
Menschen in Deutschland an den globalen, ständig weitergehenden
Freihandelsverhandlungen die Wirkung des »TINA-Satzes«, der zuerst von
Margaret Thatcher ausgesprochen wurde und seither das politische Credo
aller Parteien ist: »There is no Alternative.« Sie sehe es daher als
eine ihrer wichtigsten Aufgaben an, den Menschen Mut zu machen und mit
ihnen über Alternativen zu sprechen und ihnen so den Zwang zu nehmen,
sich an die Verhältnisse bis zur Selbstaufgabe anzupassen, erklärte
die engagierte Soziologin.