»Korruption,
Analphabetismus und Arbeitslosigkeit sind drei der größten Probleme,
mit denen Nicaragua noch immer zu kämpfen hat.« Bei seinem Besuch des
Nicaragua-Komitees im Aschaffenburger Café Grenzenlos berichtete José
Antonio Zepeda Lopez von der nicaraguanischen Lehrergewerkschaft ANDEN
über politische und soziale Gegebenheiten im Land. Voller Freude nahm
er eine Spende der Aschaffenburger für die Kindertagesstätte in
Juigalpa entgegen.
Seit Jahren unterstützen das
Aschaffenburger Nicaragua-Komitee und die Gewerkschaft Erziehung und
Wissenschaft Aschaffenburg-Miltenberg die Arbeit von ANDEN in Juigalpa.
Mit den jährlich überreichten Spendengeldern finanziert Aschaffenburg
praktisch im Alleingang das Projekt »Hermandad Sindical«, eine
Kindertagesstätte mit Kinderkrippe und -garten für Kinder im Alter von
einem bis sechs Jahren. Besonders unterstützt werden hier
alleinerziehende Lehrerinnen, die ihre Kinder dort in Obhut geben können.
Aber auch mittellosen Eltern soll hier die Betreuung erleichtert werden.
»Die Eltern zahlen prinzipiell einen kleinen Beitrag an uns. Aber wenn
sie mal nicht zahlen können, setzen wir die Kinder natürlich auch
nicht auf die Straße«, sagt der Vorsitzende der Lehrergewerkschaft.
Er berichtet von den Problemen im Bereich
Bildung: Noch immer würden etwa 800000 Kinder nicht von den
Bildungseinrichtungen erreicht, die Analphabetenrate liege bei 35
Prozent. Wegen der schlechten wirtschaftlichen Situation seien viele
Kinder gezwungen, den Familienunterhalt mit zu finanzieren, das heiße:
Arbeit statt Schule. Zepeda Lopez schildert die riesige Diskrepanz
zwischen einer kleinen Schicht von Superreichen und der Masse der Ärmsten.
Er beklagt die im Land herrschende Korruption und das Fehlen von
Investitionen in öffentliche Projekte.
Unermüdlich arbeiteten die
Lehrergewerkschaften in Nicaragua, um im Bereich Bildung das Land voran
zu bringen: Seit 1998 hätten sie immer wieder Reformvorschäge
eingereicht; bisher habe sich die Regierung aber geweigert, diese zu
diskutieren. Von den Wahlen, die Ende diesen Jahres stattfinden
verspricht sich der engagierte Gewerkschafter positive Veränderungen.
Letzte Umfragen hätten ergeben, dass die von ihm favorisierten
Sandinisten eine reelle Chance gegen die konservative Regierung von
Arnoldo Alemán habe. Mit einem Regierungswechsel verbinde er in erster
Linie den Kampf gegen Korruption.
Das soziale Vorzeigeprojekt der
Gewerkschaft ANDEN ist die eigene Kindertagesstätte in Juigalpa, in der
zur Zeit 42 Kinder betreut werden. Mit der Spende der Aschaffenburger in
Höhe von 23400 Mark ist die weitere Existenz der Tagesstätte
gesichert. Den Löwentanteil mit 15000 Mark steuerte wieder Andreas
Sickenberger aus seinem Bücherflohmarkt im Herbst bei. Der restliche
Betrag setzt sich aus privaten und Spenden der GEW zusammen.
»Es ist sehr teuer, die Einrichtung zu
unterhalten; alleine die Mahlzeiten, die unsere Kinder bekommen, kosten
viel Geld«, sagt Zepeda Lopez. Albrecht Sylla, Vorsitzender des
Nicaragua-Komitees in Aschaffenburg, ergänzt, dass der Unterhalt der
Tagesstätte - ohne Mahlzeiten - bereits etwa 10000 Mark pro Jahr
kostet.
ANDEN möchte gerne das Projekt um die
erste Klasse der Grundschule erweitern. »Das erste Jahr ist das
wichtigste«, findet Lopez. Bisher werde die Genehmigung dazu aber
verweigert.
edl