»Wirtschaftswettbewerb
ist wichtiger als Bildung«

GEW: Situation an Schulen hat sich nicht verbessert

Würzburg. Dass in Deutschland immer weniger Geld für Bildung zur Verfügung steht, ist nach Ansicht von Reinhard Frankl, dem Geschäftsführer der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) in Unterfranken, darauf zurückzuführen, dass der Staat Firmen immer größere »Steuergeschenke« macht. Frankl erklärte bei einem Vortrag an der Universität Würzburg, dass Bildungsausgaben mit Blick auf Wettbewerbsvorteile immer stärker zurückgefahren würden.

Nicht einmal mehr 1,6 Prozent vom Bruttoinlandsprodukt (BIP) würden für Bildung ausgegeben, sagte der Grund- und Hauptschullehrer aus Bessenbach (Kreis Aschaffenburg). 1988 waren es noch 1,91 Prozent. Wäre dieser Prozentsatz heute noch gültig, würden für Bildung statt zehn Milliarden Mark derzeit rund zwölf Milliarden Mark zur Verfügung stehen. Damit könnten 20 000 neue Planstellen für Lehrer geschaffen werden.

Die Bayerische Staatsregierung rühme sich, für die neu installierte sechsstufige Realschule insgesamt zwei Milliarden Mark ausgegeben zu haben. Nach Frankls Informationen sitzen trotz dieser hohen Ausgaben durchschnittlich 29 Schüler in den Klassen der sechsstufigen Realschule. Im gymnasialen Bereich betrage die durchschnittliche Klassenstärke 27,5 Schüler. Aus pädagogischer Sicht sei diese Schülerzahl pro Klasse viel zu hoch.

Frankls Statistiken zufolge gibt es im Schuljahr 2000/2001 im Freistaat 14 Prozent mehr »Mammutklassen« mit über 30 Schülern in den Grund- und Hauptschulen als im Schuljahr 1988/89. Die Zahl der großen Klassen bis zu 30 Schülern stieg um 32 Prozent. Dafür gebe es weniger Klassen, in denen unter 20 Kinder sitzen: Waren dies im Schuljahr 1988/89 noch 30 Prozent aller Grund- und Hauptschulklassen, sind es im Schuljahr 2000/2001 nur noch 20 Prozent.

In diesem Schuljahr wurden nach Angaben des Pädagogen rund 3 000 für den gymnasialen Bereich ausgebildete Lehrer nicht eingestellt. Zwar rühme sich die Staatsregierung, knapp 5 000 neue Lehrer eingestellt zu haben. Die meisten von ihnen ersetzten jedoch ausgeschiedene Kollegen. Wirklich neue Stellen seien nur rund 950 geschaffen worden, vor allem wegen der sechsstufigen Realschule.

Gerade an Grund- und Hauptschulen sowie an den Gymnasien gebe es eine »eklatante Diskrepanz« zwischen der Zahl der Bewerber und den Einstellungen. Insgesamt konnten im Schuljahr 2000/2001 rund 5 000 ausgebildete Lehrer nicht eingestellt werden. Damit relativiere sich die Aussage von Kultusministerin Hohlmeier, es habe in diesem Jahr einen »Einstellungsrekord« gegeben. Verschwiegen werde die Rekordzahl bei der Lehrerarbeitslosigkeit. pat