»Gute Nacht, öffentlicher
Bildungsraum!«
Leserbrief. Zum Artikel »Mehr Freiheit und Verantwortung« (»Modus-21«-Programm) vom 4. April und den Leserbriefen »Kommerzialisierung schreitet voran« und »Verbesserungen kosten immer Geld« vom 6. April. Zufall oder Absicht, dass die beiden Leserbriefe hier so nebeneinander abgedruckt sind? Wie auch immer - sie gehören meines Erachtens eng zusammen. Diesen Aspekt möchte ich gerne zu den richtigen Ausführungen von Herrn Schramm noch ergänzen: Das »Modus 21«-Programm hat nicht nur die Funktion, dass sich die Lehrkräfte an den eigenen Haaren packen und aus dem Sumpf ziehen. »Modus 21« soll uns auch darauf vorbereiten, dass sich Vater Staat noch weiter aus dem Bildungssektor herausziehen möchte. Zur Kommerzialisierung des öffentlichen Raumes gehören auch die Kommerzialisierung und Ökonomisierung von Bildung, die Liberalisierungsbestrebungen auf dem so genannten Bildungsmarkt (siehe EU-Bologna-Prozess, EU-Dienstleistungsrichtlinie, WTO/GATS, etc.) und letzlich die Privatisierung von Bildungseinrichtungen. Was uns hier als »mehr Freiheit und Eigenverantwortung« vorgegaukelt wird, läuft darauf hinaus, dass Bildung aus der öffentlichen Verantwortung entlassen und den freien Kräften des Marktes unterworfen werden soll. Auf den Bildungssektoren Erwachsenen- und Weiterbildung haben wir das schon fast zur Gänze, die Universitäten sind voll auf dem Weg dorthin, die Vorschuleinrichtungen wurden gerade auf die betriebswirtschaftliche Schiene gehoben, und die Schulen? Auch hier erleben wir seit Ende der 90er Jahre die Einführung »moderner« betriebswirtschaftlicher Begriffe und Methoden. Und wenn es um mehr Geld für innovative Projekte geht, ja, da sollen wir uns eben durch Public-Private-Partnerships mit großen Konzernen wie Intel und Microsoft schon mal daran gewöhnen, dass wir uns zukünftig nach »Partnern«, sprich: Sponsoren in der Wirtschaft, umzusehen haben. Hier spielt »Modus 21« eine entscheidende Rolle. Eine Marlboro-Grundschule, ein Coca-Cola-Gymnasium oder eine McDonalds-Ernährungsfachschule haben wir noch nicht. Aber den Versuch, ein Gymnasium nach dem Metro-Gründer Otto Beisheim zu benennen, gab es ja schon. Klar ist auch: Wer zahlt, bestimmt. Dann gute Nacht, öffentlicher Bildungsraum! Von mehr pädagogischer Freiheit keine Spur. Reinhard Frankl |